: Petra Ivanov
: Stumme Schreie Flint& Cavalli ermitteln hinter verschlossenen Türen. Kriminalroman. Ein Fall für Flint und Cavalli (9)
: Unionsverlag
: 9783293310926
: 1
: CHF 11.70
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 352
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Bruno Cavalli und Regina Flint stehen vor ganz neuen Herausforderungen. Cavalli kehrt nach langem Aufenthalt in den USA in die Schweiz zurück und tritt eine neue Stelle an. Dort wartet eine heikle Aufgabe auf ihn: Er soll einen Vorwurf gegen einen Polizisten untersuchen. Währenddessen kriecht das Verbrechen beunruhigend nah an Flint und Cavalli heran. Ein Junge aus der Kita ihrer Tochter ist verschwunden. Die Mutter ist nicht aufzufinden, der gewalttätige Vater wettert von Kindesentführung. Rettung oder Straftat? Erstmals dürfen sich Flint und Cavalli nicht austauschen, und so beginnt Cavalli, auf eigene Faust zu ermitteln. Mit seinen Methoden steht er zunehmend allein da und versinkt immer tiefer in ein riskantes Unterfangen.

Petra Ivanov verbrachte ihre Kindheit in New York. Nach ihrer Rückkehr in die Schweiz absolvierte sie die Dolmetscherschule und arbeitete als Übersetzerin, Sprachlehrerin und Journalistin. Heute ist sie als Autorin tätig und gibt Schreibkurse an Schulen und anderen Institutionen. Ihr Debütroman Fremde Hände erschien 2005. Ihr Werk umfasst Kriminalromane, Thriller, Liebesromane, Jugendbücher, Kurzgeschichten und Kolumnen. Petra Ivanov hat zahlreiche Auszeichnungen erhalten, u. a. zweimal den Zürcher Krimipreis (2010 und 2022).

2


Bruno Cavalli stand in seinem neuen Büro und starrte an die Wand. Er versuchte zu begreifen, wie er hier hatte landen können. Vor acht Monaten war er noch Chef des Dienstes Leib/Leben gewesen. Er hatte ein Team von Ermittlern geführt, wichtige Fälle selbst geleitet und am Schweizerischen Polizei-Institut unterrichtet. Er gehörte mehreren Fachgremien an und fungierte als Ansprechperson für die StaatsanwaltschaftIV, die sich auf Gewaltdelikte spezialisiert hatte. I, korrigierte er sich in Gedanken. Die Behörde war umstrukturiert worden, die StaatsanwaltschaftIV hieß jetzt I. Noch eine Änderung, die er kaum mitbekommen hatte. War er tatsächlich nur sieben Monate weg gewesen? Seine Tochter scheute vor ihm zurück, seine Stelle war neu besetzt worden, und die neumodischen Elektro-Scooters hatten Zürich erobert.

Irgendwo klingelte ein Telefon, ungewohnt leise. Der Teppichboden dämpfte die Geräusche, die Mauern erschienen Cavalli dicker als im Kripogebäude. Vielleicht bildete er es sich nur ein, weil er wusste, wie viele Geheimnisse sie bargen. Verschwiegenheit gehörte zur Arbeit eines Polizisten, hier an der Lessingstraße aber hatte sie eine tiefere Bedeutung. In diesem Gebäude war der Dienst Besondere Ermittlungen/Amtsdelikte untergebracht.

Er hätte die Stelle nicht annehmen müssen, doch die Alternativen hatten ihn noch weniger gereizt. Wenigstens würde er seine Fähigkeiten als Ermittler einsetzen können, nun allerdings gegen die eigenen Kollegen. Cavalli rieb sich den Nacken. Ausgerechnet er, der es nie genau genommen hatte mit Vorschriften.

Es klopfte.

»Ja?« Cavalli bemühte sich gar nicht erst um einen freundlichen Tonfall.

Die stellvertretende Dienstchefin Diana Da Silva kam herein. Sie hatte ihn am Vormittag in die Arbeit einführen wollen, war dann aber kurzfristig verhindert gewesen. Nun griff sie nach der Akte auf seinem Schreibtisch. Die Finger, die auf dem Deckblatt ruhten, waren lang und schmal, die Nägel gepflegt.

»Es geht um eine Amtsgeheimnisverletzung«, sagte sie und zog einen Stuhl heran. »Der Ermittlungsauftrag kommt vom Staatsanwalt. Das Obergericht hat der Eröffnung schon stattgegeben.«

Cavalli schwieg.

Da Silva fuhr fort: »Der Beschuldigte arbeitet bei der Stadtpolizei. Eine Polizistin hat beobachtet, wie er mit einem Mann sprach, gegen den wegen Hundeschmuggels ermittelt wird. Kurz darauf …« Sie verstummte und beugte sich vor.

Die Art, wie sie sich bewegte, erinnerte Cavalli an Schilf, das sich im Wi