: Paula Abenau
: Kieler Geheimnisse - Eine Familiengeschichte
: epubli
: 9783756515905
: 3
: CHF 7.90
:
: Erzählende Literatur
: German
: 203
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Der Roman erzählt den Alltag einer bürgerlichen Familie in der Fördestadt Kiel im Jahr 1908. Karoline, siebzehn Jahre alt, wächst nach dem Tod der Mutter bei ihrem Vater und dessen Schwester Selma auf. Johann Mertens betreibt eine Maßschneiderei für Marineuniformen am Kieler Blücherplatz. Sowohl er selbst, Mitglieder der Familie und Angestellte seiner Schneiderei als auch sein Konkurrent Simon Goldsteiner und dessen Frau Rebekka verbergen Geheimnisse voreinander.

Paula Abenau wurde in Kiel geboren. Sie verbrachte ihre Kindheit und Jugend und danach mit Unterbrechungen viele Jahre in der Fördestadt. Nachdem sie ihre erlebnisreichen Kindheits- und Jugenderinnerungen für sich und eine begrenzte private Leserschaft dokumentierte, begann sie mit dem Schreiben von Familiengeschichten. Erschienen sind bisher: 'Kieler Geheimnisse - Eine Familiengeschichte 'Lebenswandel - Familien am Neubeginn' 'Modehaus Saarland' - Ein etwas anderer Kriminalroman 'Der Inselfotograf - Die Zeit mit Enno' 'Im Nebel der Erinnerungen'

Rebekka und Max liefen zum Apparat. „Sprich’ du“, bat Rebekka ihren Sohn. Der schüttelte den Kopf und reichte ihr den Hörer. „Ja bitte, hier spricht Frau Goldsteiner, was ist mit meinem Mann?“ fragte Rebekka aufgeregt. Sie horchte, dann verstummte sie, wurde blass, ließ den Hörer fallen und sank in sich zusammen.

 

Max nahm den herabgefallenen Hörer auf und vernahm:“ Hallo, hören sie mich, Frau Goldsteiner, Hallo ?“ Max holte tief Luft, atmete noch einmal kräftig ein und aus.

 

„Ja, hier Max Goldsteiner“, stöhnte er in die Sprechmuschel während er gleichzeitig versuchte, seine am Boden liegende Mutter aufzurichten. „Kommen Sie bitte, Ihr Vater,… wir konnten leider nichts mehr tun. Mein Beileid.“ Es knackte in der Leitung, am anderen Ende wurde das Gespräch scheinbar abgebrochen.

 

Rebekka war aus ihrer kurzen Ohnmacht erwacht. Max zog sie hoch und setzte sie auf den Stuhl neben einem Beistelltischchen. „Das kann doch nicht sein, nein, nein, ich glaube es nicht“, jammerte sie und hielt sich an Max fest, der vor ihr kniete, sein Gesicht in ihrem Schoß vergraben hatte und laut weinte.

 

 

 

 

 

 

 

  *35. Kapitel *

 

 

 

Simon Goldsteiners Beerdigung fand im engsten Familienkreis auf dem Jüdischen Friedhof in der Michelsenstraße der Tradition entsprechend bereits am nächsten Tag statt. Max und Rebekka folgten allein dem Rabbiner und dem Sarg Simons nach. Auf einen Vorsänger verzichteten sie. Sie waren nicht religiös, begingen aber wöchentlich den Schabbat und hielten sich an einige andere kulturelle jüdische Traditionen.

 

Der Rabbiner hielt daher nur eine sehr kurze Gedächtnisrede. Max erwies seinem Vater einen letzten Dienst, indem er sich dunkel, einfarbig und konservativ gekleidet hatte. Er trug sogar eine Kippa. Rebekka entschied sich ebenfalls für eine dunkelgraue Robe. Der dichte Schleier an ihrem Hut verdeckte ihr Gesicht vollständig und ließ keine Mimik erkennen.

 

Beide einigten sich darauf, auf eine Trauerfeier zu verzichten. Sie waren weder in der jüdischen Gemeinde aktiv, noch pflegten sie bisher Umgang mit neuen Bekannten in Kiel.

 

Max ließ Trauerkarten drucken und diese an ihre Kunden und auch an einige Geschäftspartner verschicken. Dann hielten Rebekka und er die vorgegebene siebentägige Trauerzeit ein, die sie von allen Verpflichtungen befreite.