PROLOG:
EIN GEHEIMES TREFFEN
Die Schwüle drückte schwer wie Unheil auf das Tal herunter, in dem sich der Genfer See mit seinem tiefen Wasser ausbreitete. Noch war das Wasser spiegelglatt. Kein Windhauch verschaffte Kühlung, doch zwischen den Berggipfeln ballten sich bereits die ersten dunklen Wolken zusammen und verhüllten die Sterne. Schwarz und drohend stießen sie immer höher in den Himmel. Das Donnergrollen sprang von einer Felswand zur anderen. Ein erster Blitz zuckte über den Himmel und spiegelte sich gleißend im Wasser. Und dann kam der Wind, der den Spiegel zu schäumenden Wellen aufwühlte und an den Zweigen der Bäume zerrte. Wie das Heulen von Wolfsrudeln fegte er aus den Bergen herab und brauste über das Tal.
Die Burganlage lag wie ein am Ufer vertäutes Schiff in den Wellen des Sees. Ihre Mauern verbanden sich mit dem Felsen, der unter ihr steil ins schwarze Wasser abfiel. Schon im Mittelalter hatte die Burg die Straße zwischen dem Großen Sankt Bernhard und Lausanne bewacht und Zoll von jedem Reisenden verlangt, der den schmalen Durchgang zwischen den steilen Bergen und dem Seeufer passieren wollte. Dann war die Burg als Zeughaus und Waffenlager benutzt worden, und auch als Gefängnis. Heutzutage wohnte hier kein Burgvogt mehr, und es gab so manche, die die massigen Mauern von Chillon gern für den Bau der Eisenbahnlinie verwendet hätten.
Ein Donnerschlag ließ das alte Gemäuer erbeben. Regen rauschte herab.
»Nun, ist Euch der Boden neutral und abgelegen genug?«, durchbrach eine Stimme die Gedanken der Frau, die sich über die Fensterbrüstung gelehnt und auf das aufgewühlte Wasser hinabgesehen hatte. Der Wiener Akzent ließ die Worte länger und weicher klingen, als sie in ihrer Heimat im Norden des Deutschen Reiches ausgesprochen wurden.
»Ich habe nicht auf die