: Dmitry Glukhovsky
: Outpost - Der Aufbruch Roman
: Heyne
: 9783641284336
: Outpost-Romane
: 1
: CHF 12.50
:
: Science Fiction
: German
: 448
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Russland in der nahen Zukunft: Nach einem verheerenden Bürgerkrieg ist das riesige Land gespalten. Westlich der Wolga liegt das neue Zarenreich. Was im Osten noch übrig ist, weiß niemand. Der östlichste Außenposten des Reiches ist Jaroslawl, die Heimat des jungen Jegor. Ein Zug Soldaten, ausgeschickt vom Zaren, soll herausfinden, was im Außenposten passiert ist, nachdem zum ersten Mal seit Jahrzehnten jemand von Osten über die Wolga kam. Wenn Jegor seine Heimat retten will, muss er das um jeden Preis verhindern ...

Dmitry Glukhovsky ist ein russischer Schriftsteller und Dramatiker. 1979 in Moskau geboren, machte er seinen Abschluss an der Hebräischen Universität Jerusalem. Er schreibt für die internationale Presse, darunter THE GUARDIAN, LA LIBERATION, DIE ZEIT und NOVAYA GAZETA. Glukhovsky ist Autor zahlreicher Bestseller, darunter der Welterfolg »METRO 2033«. Seine Bücher wurden in 40 Sprachen übersetzt. Als entschiedener Kritiker des Putin-Regimes wurde Dmitry Glukhovsky zum »ausländischen Agenten« erklärt und 2023 von einem Moskauer Gericht in Abwesenheit zu 8 Jahren Haft verurteilt. Er lebt im Exil.

Instagram: @glukhovsky, Twitter: @glukhovsky, Facebook: @glukhovskybooks

EINS

»Sie waren mit Unterjessaul Krigow befreundet, nicht wahr, Juri Jewgenjewitsch?«

Oberst Surganow sieht Lissizyn freundlich, fast freundschaftlich in die Augen, aber der bleibt wachsam. Außerdem: Wieso »waren«?

Wenn einem der erste Mann der Armeespionageabwehr eine Frage stellt, muss man wohlüberlegt, aber in erster Linie schnell antworten. Lissizyn fällt gerade noch ein, dass der Oberst die richtige Antwort bereits kennt und mit der Frage nur seine Aufrichtigkeit testen will.

»Jawohl, Herr Oberstleutnant! Nur, warum ›waren‹? Wir sind doch immer noch befreundet.«

Er bemüht sich, Surganows fuchsartigem Blick standzuhalten, seinen erhobenen Augenbrauen, den nach oben gezogenen Mundwinkeln. Versucht einen ähnlichen Gesichtsausdruck – kameradschaftlich und höflich. Als hätte er keine Ahnung von den Säuberungsaktionen innerhalb der Armee, die Surganow befiehlt.

»Immer noch befreundet. Soso.«

Der Georgssaal im Großen Kremlpalast war erfüllt von dem Knarzen von Leder und heiserem Geflüster, vom Geruch des Rasierwassers der Offiziere, das wie Riechsalz in der Nase brannte, und dem süßlichen Duft von Tabak.

Man erwartete den Zaren.

Nur die goldenen Georgskreuze hoben sich von dem weißen Marmor der Wände ab. Von der Decke leuchteten riesige bronzene Lüster mit Hunderten von Kerzen, das spiegelglatte Fischgrätenparkett glänzte unter den Stiefeln. Vor den Wänden standen rote samtbezogene Bänke, aber sitzen durfte man darauf natürlich nicht; genauso wenig, wie man durch den Saal spazieren durfte. Nur von einem Bein aufs andere treten war erlaubt.

Seit anderthalb Stunden warteten sie schon. Wenn es sein musste, würden sie noch ewig warten: Stellung halten konnten die Kosaken.

»Jedenfalls, stell dir vor, sie war noch Jungfrau!«, flüstert Sascha Krigow Juri Lissizyn begeistert ins Ohr. »Was das angeht, hab ich echt Schwein, ich weiß auch nicht, wieso!«

»Du bist eben ein Romantiker«, flüstert Lissizyn zurück. »Die spüren, dass man sich so einem anvertrauen kann. Und wenn sie’s dann kapiert haben, ist die Falle schon zu.«

Lissizyn ist nervös, hat in der Nacht kaum geschlafen. Aber Krigow tut, als sei nichts.

»Die sind scharf auf die Uniform. Besonders auf die Mütze«, verrät Krigow. »Die muss im Café nur auf dem Tisch liegen, und sie schmelzen förmlich dahin. Die kommen ganz von allein.«

»Du hast bloß Glück. Wenn ich das Ding da hinlege, kommt nur die Polizei und fragt nach meinem Urlaubsschein. Von Weibern keine Spur.«

»Weil du vom Dorf bist, Jura. Ein Landei. Du würdest ihnen wahrscheinlich ein paar Sonnenblumenkerne anbieten, oder?«

»Ja, na und?«

»Nix und. Ich werd dir heut Abend mal zeigen, wie das hier in Moskau läuft. Wir gehen zu den guten Angelplätzen und werfen ein paar frische Köder aus!«

Die Tür fliegt auf, und in den Saal kommt der Truppenälteste gestampft, ein graubä