1. KAPITEL
Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der richtigen Planung. Tara hatte stets an diesen Satz geglaubt – so sehr, dass sie ihr ganzes Leben danach ausrichtete. Nur leider gehörte ihr Stiefbruder zu der Sorte Mensch, die sich jedem Versuch einer Planung entzogen.
Sie holte ihr Handy aus der Manteltasche, als sie sich auf dem Heimweg von ihrem Marketingunternehmen auf der Achtzehnten Straße befand. Mit dem Daumen tippte sie Stephens Nummer ein.
“Wir müssen uns über diese Sache unterhalten”, sagte sie, als er den Hörer abnahm.
Stephen Carmel lachte. “Soll ich dir eine Kopie der Gerichtsentscheidung zufaxen? Vielleicht hast du sie ja nicht erhalten.”
“Das ist nur ein Stück Papier. Ich rede hier über Prinzipien, Ethik, Ehre.”
“Und ich rede über Geld.”
“Ich weiß.” Allein der Gedanke, dass Stephen die “Blutende Rose” verkaufen wollte, schmerzte Tara zutiefst. Natürlich hatte sie diese Möglichkeit – dieseWahrscheinlichkeit – in Erwägung gezogen. Es gab kaum etwas, was Stephen mehr interessierte als Dinge, die man sich mit Geld kaufen konnte. Aus diesem Grund hatte Tara für den schlimmsten Fall vorgesorgt.
“Gib es auf”, sagte Stephen. “Die ‘Blutende Rose’ gehört mir. Jedes einzelne Karat. Deine Mutter hat sie mir vererbt.”
Das hätte Mom nie getan. Dieser Gedanke hatte Tara nicht losgelassen, seit sie vor fast vier Jahren begonnen hatte, sich mit Stephen um ihr Erbe zu streiten. Er war im Besitz eines Testaments, demzufolge Letitia Cole Carmel ihm, ihrem Stiefsohn, den Rubin vermachte. Vor wenigen Stunden hatte ein Gericht entschieden, dass das von Stephen vorgelegte Testament Vorrang vor dem hatte, das Tara hatte vorweisen können.
Doch ihre Mutter hätte Stephen niemals die “Blutende Rose” vermacht. Letitia hätte sie nur an Tara weitergegeben, weil das ein Teil der Legende war – und des Fluchs. Ihre Urgroßmutter Tzigane hatte bestimmt, dass ihr Juwel niemals in andere Hände als die ihrer Nachfahren gelangen durfte.
“Ich weiß nicht, wie es dir gelungen ist, Moms Testament so glaubhaft zu fälschen”, sagte Tara etwas leiser.
Wieder lachte Stephen. “Das Dokument trägt die Unterschrift deiner Mutter. Und meine Zeugen haben alle eine blütenreine Weste.”
Das stimmte – sie alle waren hochkarätige erfolgreiche Geschäftsleute. Den Detektiven, die Tara auf sie angesetzt hatte, war es nicht gelungen, auch nur die mindeste Ungereimtheit aufzudecken. Sie atmete tief durch. “Ich kaufe dir den Stein ab.”
Diese Bemerkung ließ Stephen einen Moment lang verstummen. “Du gibst Geld aus, um ihn zurückzubekommen?”
“Er gehört mir”, sagte sie nur. “Ich weiß, dass du ihn sowieso verkaufen wirst. Warum also nicht an mich?”
Er zögerte einen Moment