: Christine Brand
: Der Feind Kriminalroman
: Blanvalet
: 9783641275761
: Milla Nova ermittelt
: 1
: CHF 12.30
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 608
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Ein bizarre Mordserie an Männern sowie Schüsse während einer Frauendisko - in Band 5 der Erfolgsserie halten gleich zwei Fälle Milla Nova und das Team um Sandro Bandini auf Trab.
Ein bizarrer Mord sorgt für Aufsehen: Ein Mann wurde an sein Bett gefesselt und hingerichtet. An den Füßen trägt er rote Stöckelschuhe. Schnell stellt sich heraus, dass er zuvor eine Drohung erhielt: ein Foto von sich selbst - mit dem Absatz eines Stöckelschuhs im Gesicht. Er ist nicht der Einzige, der solch eine Nachricht bekam. Sind auch die anderen Bedrohten in Gefahr? Gleichzeitig jagt das Team um Polizeichef Sandro Bandini einen Mann, der in einer Frauendisko in einem linken Kulturzentrum um sich schoss. Die Vermutung eines rechtsextremen Hintergrunds liegt nahe, doch TV-Reporterin Milla Nova vermutet ein anderes Motiv: Frauenhass. Gemeinsam mit ihrem blinden Freund Nathaniel taucht sie in die dunkle Welt der Incels ein. Zwei Fälle, bei denen der Hass auf das andere Geschlecht eine vitale Rolle spielt. Ist es Zufall oder besteht ein Zusammenhang?

Die unabhängig voneinander lesbaren Krimis um Milla Nova und Sandro Bandini:
1. Blind
2. Die Patientin
3. Der Bruder
4. Der Unbekannte
5. Der Feind

Lesen Sie auch »Wahre Verbrechen»: Christine Brand schreibt über ihre dramatischsten Fälle als Gerichtsreporterin.

Christine Brand, geboren und aufgewachsen im Emmental in der Schweiz, arbeitete als Redakteurin bei der »Neuen Zürcher Zeitung«, als Reporterin beim Schweizer Fernsehen und als Gerichtsreporterin. Im Gerichtssaal und durch Recherchen und Reportagen über die Polizeiarbeit erhielt sie Einblick in die Welt der Justiz und der Kriminologie. Neben der erfolgreichen Milla-Nova-Reihe erscheinen bei Blanvalet auch ihre True-Crime-Titel »Wahre Verbrechen« über Kriminalfälle, die sie als Gerichtsreporterin begleitete. Christine Brand lebt in Zürich und auf Sansibar.

1.


Rote, blaue und gelbe Lichtpunkte sprenkeln den Raum. Hoch oben im Gebälk dreht sich glitzernd die Discokugel, der wummernde Bass bringt den Dachstock zum Vibrieren, der Holzboden bebt unter den vielen Füßen.DJane Valeria hat Elektro House aufgelegt; Musik wie eine Droge, die die Tanzenden in Trance versetzt. Bettina hält die Augen geschlossen, den Kopf leicht in den Nacken gelegt, die Arme ausgestreckt. Ihr Oberkörper nimmt den Rhythmus auf und lässt sich von ihm tragen. Winzige Schweißperlen blitzen auf ihrer Stirn. Sie ist keine gute Tänzerin, das war sie noch nie, doch das spielt keine Rolle; hier wird keine schräg angeschaut, unabhängig davon, wie sie sich bewegt oder wie sie sich kleidet. Als der Song nahtlos ins nächste Stück übergeht, spürt Bettina, dass jemand sie von hinten umarmt. Petra legt ihr einen kleinen Kuss auf den Nacken, dort, wo die Schulter endet und in den Hals übergeht. Sofort richten sich Bettinas Härchen auf. Sie schaudert wohlig, dreht sich um, streicht Petra mit einer vertrauten Geste eine Strähne aus dem Gesicht.

»Noch einen Drink?«

»Gerne.«

»Das Gleiche?«

Petra nickt. Bettina löst sich von ihr, hält noch einen Moment lang ihre Hand fest, lässt sie los, ihre Fingerspitzen streifen und verlieren sich, dann taucht sie in die Menschenmenge ein und bahnt sich einen Weg zur Bar. Die Stimmung dampft, das Klima erinnert an eine Sauna, oder eher an ein Dampfbad. Bettina berührt nassgeschwitzte Haut, als sie sich zwischen den tanzenden Frauen durchzwängt. Plötzlich hält eine Hand ihren Arm fest, sie wendet sich um. Sonja. Bettina begrüßt sie mit einer flüchtigen Umarmung, neben Sonja winkt Nicole.

»Ihr seid in der Stadt?«, fragt Bettina.

»Noch bis Samstag.«

»Sehen wir uns auf einen Drink?«

»Klar, ich melde mich!«

Sie müssen schreien, um die Musik zu übertönen.

Als sich Bettina wieder umdreht, steht Regine vor ihr, sie lachen sich an, weisen auf die Ohren, zucken mit den Schultern, man versteht nicht mal sein eigenes Wort. Bettina wirft einen Blick Richtung Klo in der hinteren Ecke, doch sie unterdrückt das Bedürfnis gleich wieder; die Schlange ist zu lang. Neben den Wartenden kuschelt ein Paar auf einem alten Ledersofa. Hinter ihnen auf der weißen Mauer steht in blauen Buchstaben geschrieben:Kein Rassismus, kein Sexismus, keine physischen, psychischen, sexuellen Übergriffe, keine Homophobie! Bettina wendet sich ab und stellt sich an die Bar. Über der Theke hängt ein von Hand geschriebenes Schild:Frauendisco. Jeden Donnerstag steigt unter dem Dach des alternativen Kulturzentrums Reitschule eine Frauenparty, ein Treffpunkt der familiären Lesbenszene, aber auch für Hetero-Frauen, die keinen Bock auf männliche Anmache haben.

»Zwei Gin Tonic mit Pfeffer und Gurke!«, brüllt Bettina der Barkeeperin die Bestellung zu. Die Frau mit pinken Zöpfen streckt den Daumen hoch und greift zum Hendricks Gin. Bettina lehnt sich an die Theke.

»Bist du nicht die Polizistin?«

Die fremde Stimme ist ganz nah an ihrem Ohr. Bettina schnellt herum. Die Frau, die neben ihr auf einem Barhocker sitzt, schaut sie fragend an. Bettina kennt sie nicht. Das Gesicht kommt ihr nicht einmal bekannt vor. Sie wüsste, wenn es ihr schon mal begegnet wäre.

»Du musst mich verwechseln.«

Die Fremde legt die Hand auf Bettinas Arm, die Geste wirkt zu vertraut, zu nah, Bettina schüttelt sie ab.

»Nein, echt, ich bin kein Bulle.« Sie legt einen Zwanziger auf die Bartheke, greift nach den Gläsern und dreht sich weg.

Bettina wundert sich, wie leicht ihr die Lüge über die Lippen ging. Sie will nicht, dass sich in der Szene rumspricht, wo sie arbeitet. Je weniger darüber Bescheid wissen, desto besser. Überdies ist das alternative Kulturzentrum der denkbar schlechteste Ort, um sich als Polizistin zu outen. Das Verhältnis der Betreiber zur Polizei ist … man