: Hera Lind
: Vergib uns unsere Schuld Roman nach einer wahren Geschichte
: Diana Verlag
: 9783641245047
: 1
: CHF 8.10
:
: Romanhafte Biographien
: German
: 416
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Carina Kramer ist dreifache Mutter, als sie mit Ende dreißig Witwe wird. Sie sucht Trost in der Kirche und begegnet Pater Raphael von Ahrenberg, der seit über zwanzig Jahren im benachbarten Kloster lebt. Der geweihte Priester hat sich mit Leib und Seele dem Zölibat verpflichtet. Doch Carina bringt alles ins Wanken. Sie ist stark, bodenständig, zugleich zärtlich und einfühlsam. Die gemeinsame Liebe ist geprägt von heimlichen Treffen, gefolgt von umso schmerzhafteren Trennungen. Denn die Kirche lässt Raphael nicht ziehen. Von einem klärenden Gespräch mit dem Bischof kehrt er nicht zurück. Carina steht vergebens am Bahnhof. Und es kommt noch schlimmer: Sie ist schwanger. Werden ihre Widersacher trennen, was Gott zusammengeführt hat?

Hera Lind studierte Germanistik, Musik und Theologie und war Sängerin, bevor sie mit zahlreichen Romanen sensationellen Erfolg hatte. Seit einigen Jahren schreibt sie ausschließlich Tatsachenromane, ein Genre, das zu ihrem Markenzeichen geworden ist. Mit diesen Romanen erobert sie immer wieder die SPIEGEL-Bestsellerliste. Hera Lind lebt mit ihrem Mann in Salzburg, wo sie auch gemeinsam Schreibseminare geben.

1

Eine ostdeutsche Kleinstadt,

nennen wir sie Thalheim, März 1981

»Nebenan war wohl jemand nicht so beliebt. Das sind ja nur Plastikblumen.« Mit einem Seitenblick auf das Grab rechts von uns bückte sich meine Schwiegermutter und schob einen der prächtigen Kränze in die Mitte der überbordenden Blumenpracht auf dem Grab meines Mannes. Hundert dunkelrote Rosen sprengten den Rahmen dessen, was bei einer Beerdigung hier in derDDR so üblich war. Sorgfältig drapierte Christa die weißen Bänder mit goldener Schrift über dem frisch aufgeschütteten Grabhügel ihres Sohnes. Andächtig las sie vor:

»Ein letzter Gruß zum Abschied.

Deine Frau Carina und die Kinder

Maximilian, Sabine und Tommi«

Obwohl wir ihren Sohn gerade erst beerdigt hatten, lag auch ein Hauch von Stolz in ihrer Stimme.

»Bei Manfred hieß es eben ›Nicht kleckern, sondern klotzen‹.« Sie blinzelte eine Träne weg.

Ich sah den letzten Beerdigungsgästen nach, die den Friedhof verließen. Es waren Hunderte gewesen: Parteigenossen, Freunde, Nachbarn, Ärzte, Krankenschwestern – alle, die ihm während seiner schweren Krankheit beigestanden hatten.

»Es ist schön, dass du es einrichten konntest, Christa.« Liebevoll sah ich meine Schwiegermutter an, die es sich nicht hatte nehmen lassen, für die Beerdigung ihres älteren Sohnes aus dem Westen anzureisen. »Wie schade, dass Georg nicht mitkommen konnte.« Georg war Manfreds jüngerer Bruder, den ich noch nie gesehen hatte. Wahrscheinlich würde ich ihn auch nie kennenlernen, schließlich stand die Mauer zwischen uns.

Christa seufzte. »Er hat keine Einreisegenehmigung bekommen. Du weißt ja, er arbeitet bei einem namhaften Autohersteller derBRD

»Ich weiß. Bei Volkswagen in Wolfsburg. Von so etwas können wir hier nur träumen.«

Schweigend standen wir eine Weile am Grab, Schulter an Schulter.

»Wie kommst du jetzt klar, Carina?« Christa wischte sich die Augenwinkel. »Und wie wird es mit den Kindern weitergehen?«

»Wir werden es schon irgendwie schaffen.« Neben aller Trauer und Beklommenheit machte sich auch Erleichterung in mir breit. »Die letzten zwei Jahre seiner Krankheit waren die schwersten meines Lebens.«

»Das kann ich mir vorstellen.« Christa sah mich mit rot geweinten Augen an. »Du warst immer so ein fröhlicher Mensch, aber nach diesem schweren Schicksalsschlag … Dabei bist du erst sechsunddreißig!« Sie drückte mir den Arm und lächelte unter Tränen. »Danke für alles, was du für meinen Sohn getan hast!«

»Das war doch selbstverständlich!« Noch einmal warfen wir einen Blick auf sein Grab, das so auffallend prächtig war, dass das daneben tatsächlich fast schmucklos wirkte.

Ich straffte die Schultern und atmete tief durch. »Leb wohl, Manfred.«

Manfred war Parteimitglied gewesen. In der Firma, in der ich