: Hera Lind
: Eine Handvoll Heldinnen Roman
: Diana Verlag
: 9783641150372
: 1
: CHF 8.10
:
: Erzählende Literatur
: German
: 400
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Augen zu und dem Herzen folgen
Katja lebt nur für Mann, Tochter, Hund und Haushalt, und einen Job wuppt sie auch noch nebenbei. Alle halten das für selbstverständlich, und keiner dankt es ihr. Erst die originelle Nachtklubbesitzerin Erna zeigt ihr, dass man für Dienstleistungen jeder Art auch Anerkennung erwarten kann. Und so ist Erna eine von fünf Heldinnen, durch die sich Katjas Leben plötzlich ändert ...

Hera Lind studierte Germanistik, Musik und Theologie und war Sängerin, bevor sie mit zahlreichen Romanen sensationellen Erfolg hatte. Seit einigen Jahren schreibt sie ausschließlich Tatsachenromane, ein Genre, das zu ihrem Markenzeichen geworden ist. Mit diesen Romanen erobert sie immer wieder die SPIEGEL-Bestsellerliste. Hera Lind lebt mit ihrem Mann in Salzburg, wo sie auch gemeinsam Schreibseminare geben.

1

»Nebenan, is det besetzt oder wat?« Die Sonne verfinsterte sich. Ich schreckte hoch.

»Ähm … Also, im Moment nicht.«

»Denn kann ick mir also den Liegestuhl nehmen?« Ein Flusspferd im grün gemusterten Badeanzug nahm mir die Sicht. Die massige Gestalt mit der rauchigen Stimme flößte mir Angst ein.

»Ja, bitte. Weggegangen, Platz vergangen.« Hastig räumte ich Alberts Klamotten von der Liege und ließ sie unter meinem Liegestuhl verschwinden. War ja nicht so appetitlich,was mein Göttergatte da hinterlassen hatte: seine ausgebeulte Dreiviertelhose, ein grelles Hawaiihemd, Socken, Sandalen, Schnorchel, Flossen … und eine nasse Badehose.

Das Flusspferd schnaufte. Es schien von den Fluten des Ozeans direkt neben mir angespült worden zu sein. Und essprach berlinerisch. Ich beobachtete das Einparkmanöver: Es ließ sich rückwärts in den Liegestuhl plumpsen, der daraufhin gefährlich ächzte und bis zum Fußboden durchhing.

Doch die dicke Frau hatte es geschafft. Ihr Bauch wölbte sich wie ein Medizinball, ihre vergleichsweise dünnen Beine waren braun gebrannt, und ihre fleischigen Zehen steckten in rosa Strandlatschen. Sie entledigte sich ihrer quietschbunten Strandtasche, steckte sich eine Zigarette an und gab mir die Hand:

»Tach. Anjenehm. Ick bin die Frau Doktor.«

Wie jetzt? Frau Doktor? So sah die aber echt nicht aus.

»Wat kieken Se so? Det is mein Name! Erna Doktor! Musst ich noch nicht mal ’ne Doktorarbeit für schreiben!« Ihr raues Lachen ging in Husten über.

Ich musste grinsen. Humor hatte sie. Und was blieb mir auch anderes übrig, als beherzt ihre fette Pranke zu schütteln? Obwohl ich eigentlich nur meine Ruhe haben wollte.

Denn immer, wenn Albert im Fitnessstudio seine Muskeln stählte, genoss ich die freie Stunde wie eine Mutter, die ihr schwer erziehbares Kind für eine Stunde im Hort unterbringen kann. Ich fühlte mich herrlich frei. Zumal ich gerade in einen Roman vertieft war, mit dem ich lieber allein sein wollte. Er handelte von einer jungen, gut aussehenden, ledigen Amerikanerin, die sich gern von