: Stephen King
: Albträume Nightmares and Dreamscapes
: Heyne
: 9783641130077
: 1
: CHF 8.10
:
: Spannung
: German
: 1072
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Zwischen Albtraum und Wirklichkeit
Der Band vereint 21 Kurzgeschichten, ein Filmskript, einen Essay - und ein Gedicht.

Stephen King, 1947 in Portland, Maine, geboren, ist einer der erfolgreichsten amerikanischen Schriftsteller. Bislang haben sich seine Bücher weltweit über 400 Millionen Mal in mehr als 50 Sprachen verkauft. Für sein Werk bekam er zahlreiche Preise, darunter 2003 den Sonderpreis der National Book Foundation für sein Lebenswerk und 2015 mit dem Edgar Allan Poe Award den bedeutendsten kriminalliterarischen Preis fürMr. Mercedes. 2015 ehrte Präsident Barack Obama ihn zudem mit der National Medal of Arts. 2018 erhielt er den PEN America Literary Service Award für sein Wirken, gegen jedwede Art von Unterdrückung aufzubegehren und die hohen Werte der Humanität zu verteidigen.

Seine Werke erscheinen im Heyne-Verlag.

Einleitung

Mythen, Glauben, Überzeugung

undRipley’s Unglaublich, aber wahr!

Als ich ein Kind war, glaubte ich alles, was mir gesagt wurde, was ich las, und jede Ausgeburt meiner übersteigerten Fantasie. Das genügte zwar für mehr als nur ein paar schlaflose Nächte, aber es erfüllte die Welt, in der ich lebte, mit Farben und Formen, die ich nicht für ein ganzes Leben voll geruhsamer Nächte eingetauscht hätte. Sehen Sie, ich wusste schon damals, dass es Menschen auf der Welt gab – sogar zu viele –, deren Fantasie entweder verkümmert oder abgestorben war, die in einem geistigen Zustand lebten, der völliger Farbenblindheit nahekam. Sie taten mir immer leid; ich hätte mir nie träumen lassen (jedenfalls damals nicht), dass viele dieser fantasielosen Typen mich entweder bemitleideten oder verächtlich auf mich herabsahen – nicht nur weil ich unter einer Vielzahl irrationaler Ängste litt, sondern auch, weil ich in fast jeder Hinsicht zutiefst und rückhaltlos leichtgläubig war.»Das ist ein Junge, der die Brooklyn Bridge nicht nur einmal kaufen wird, sondern immer wieder, sein ganzes Leben lang«, müssen einige von ihnen gedacht haben (von meiner Mutter weiß ich es ganz sicher).

Das traf damals sicher zu, schätze ich, und wenn ich ganz ehrlich sein will, dann ist auch heute noch etwas Wahres daran. Meine Frau erzählt den Leuten noch heute mit größtem Vergnügen, dass ihr Mann im zarten Alter von einundzwanzig Jahren bei seiner ersten Präsidentschaftswahl für Richard Nixon gestimmt habe.»Nixon sagte, er hätte einen Plan, wie wir uns aus Vietnam zurückziehen können«, sagte sie, gewöhnlich mit einem vergnügten Funkeln in den Augen.»Und Steve hat ihm geglaubt!«

Das stimmt; Steve hat ihm geglaubt. Und das ist längst nicht alles, was Steve im Verlauf seiner manchmal exzentrischen fünfundvierzig Lebensjahre geglaubt hat. Beispielsweise war ich der letzte Junge in unserem Viertel, der sich zu der Auffassung bekehren ließ, die vielen Nikoläuse an jeder Straßenecke bedeuteten nur, dass es keinenechten Nikolaus gab (ich zweifle immer noch an der Logik dieses Gedankengangs; es ist, als sagte man, eine Million Schüler seien der Beweis dafür, dass es keinen Lehrer gibt). Ich zweifelte nie an der Behauptung meines Onkels Oren, dass man den Schatten eines Menschen mit einem stählernen Zelthering abtrennen konnte (das heißt, wenn man genau am Mittag hineinstach), oder an der Theorie seiner Frau, dass jedes Mal, wenn man fröstelte, eine Gans über die Stelle lief, an der man einmal sein Grab haben würde. Wenn ich dabei anmein Leben denke, so heißt das, dass es mein Schicksal ist, hinter Tante Rhodys Scheune draußen in Goose Wallow, Wyoming, begraben zu werden.

Außerdem glaubte ich alles, was mir au