„Halt! Hiergeblieben!“ Prof. Lutz Weidner, der medizinische Leiter der Frankfurter Sauerbruch-Klinik, lachte laut auf, als er den Bereitschaftsraum der Notaufnahme betrat und Peter Kersten Anstalten machte, die Flucht zu ergreifen.
Dr. Peter Kersten, der Leiter der Notaufnahme, starrte mit schreckgeweiteten Augen auf den kleinen Stapel dünner blauer Bewerbungsmappen, die sich der Chefarzt unter den Arm geklemmt und deren bloßer Anblick den Fluchtreflex bei ihm ausgelöst hatte.
„Nein! Oh nein! Bitte nicht!“, stöhnte er. „Es kann doch unmöglich schon wieder so weit sein!“
„Doch, doch!“ Der Professor grinste übers ganze Gesicht. „Seien Sie tapfer, Kollege. Es wird ganz bestimmt nicht wehtun, und es sind ja nur vier Wochen. Danach nimmt sie die Innere für vier Wochen, und dann … na ja … mal sehen. Einen muss ich noch irgendwie herumkriegen.“
„Wieso immer ich?“ Peter Kersten schnitt eine Grimasse, ballte seine Hände in den Kitteltaschen zu Fäusten und schob die Unterlippe vor wie ein trotziger kleiner Junge. „Es gibt in dieser Klinik doch nicht nur die Notaufnahme!“, protestierte er, zog seine rechte Hand aus der Kitteltasche und zählte mithilfe seiner Finger auf: „Es gibt die Pädiatrie, die Chirurgie, die Gynäkologie, die Hals-Nasen-Ohren, die Herzstation, die Intensiv, die Orthopädie …“
„Ach, Orthopädie! Hören Sie mir bloß mit der Orthopädie auf!“, unterbrach der Chefarzt Peters Aufzählung und schnaubte empört durch die Nase. „Ihr guter Freund Habermann, der Leiter der Orthopädie, hat mir schlimme Dinge angedroht, sollte sich auch nur einer aus demKindergarten, wie er es nannte, in seine Abteilung verirren.“
„Welche Dinge?“
„Ach!“ Prof. Weidner machte eine wegwerfende Handbewegung. „Sitzstreik, Selbstmord, vier Wochen Krankenstand … ha!“ Er schnalzte verächtlich mit der Zunge. „Er hat sogar behauptet, er würde beim Anblick des ersten blauen Kittels so lange die Luft anhalten, bis alles Blaue aus seiner Abteilung getilgt wäre.“
Der Klinikchef verdrehte die Augen und hob seine buschigen silbergrauen Brauen bis zum Haaransatz hoch.
„Sie wissen ja, wie Orthopäden sind! Die Orthopädie ist mitunter ein recht derbes, beinahe brutales Handwerk, und Habermann hat ein dementsprechend … ähm … rustikales Auftreten.“
„Und wenn ich Ihnen das alles auch androhe?“ Hoffnung glomm in Dr. Kerstens Blick auf.
„Nein, Sie tun das nicht, denn Sie sind ein gewissenhafter, zuverlässiger und sozialer Mensch, der ein Herz für unseren medizinischen Nachwuchs hat.“
„Toll! Und das habe ich jetzt davon!“ Der Notarzt warf einen prüfenden Blick auf die blauen Mappen in Prof. Weidners Hand und seufzte gottergeben. „Wie viele?“
„Nur sieben! Letztes Jahr waren es fast doppelt so viele Praktikanten, und das haben