: Hannah Lechner
: Sehnsucht am Tegernsee Roman
: Emons Verlag
: 9783987070426
: 1
: CHF 10.00
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 352
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Eine junge Frau zwischen Liebe und Loyalität. Eine berührende Liebesgeschichte aus dem Herzen Bayerns. Nach einer gescheiterten Beziehung verliebt sich Kira Wagner in Felix, der seit einem Unfall im Rollstuhl sitzt, und ihr Leben gerät in Turbulenzen. Zur selben Zeit erbt sie von ihrem Onkel ein Hotel am Tegernsee. Der sympathische Noah bietet ihr viel Geld für das Anwesen - Geld, mit dem Kira Felix eine wichtige Operation ermöglichen könnte. Doch ihr Onkel hat ihr zu Lebzeiten das Versprechen abgenommen, das Hotel niemals zu verkaufen. Kira muss eine folgenschwere Entscheidung treffen.

Hannah Lechner, 1965 in Bayreuth geboren, arbeitet seit 2008 als Autorin. Sie schreibt Krimis, Thriller, erotische Bücher, Kurzgeschichten und Heftromane, teilweise unter Pseudonym. Hannah Lechner hat zwei erwachsene Töchter.

2


Kira Wagner saß in dem dunkelblauen Sessel im Sprechzimmer ihrer Praxis, die Beine übereinandergeschlagen. Auf ihren Oberschenkeln lag ein Notizblock, in der rechten Hand hielt sie einen Kugelschreiber. Unauffällig ging ihr Blick zu dem Regal hinter dem Sessel ihrer Patientin. Dort stand die kleine Uhr, die Patrick ihr damals zur Eröffnung der Praxis geschenkt hatte. Es war siebzehn Uhr fünfzig. Die Therapiestunde war um.

Evelyn Braun knetete ihre geröteten Hände und hielt den Blick gesenkt.

»Über die möglichen Alkoholprobleme Ihres Mannes sollten wir in unserer nächsten Stunde sprechen«, sagte Kira sanft.

»Ja.« Evelyn Braun sah auf ihre Armbanduhr. »Liebe Güte, wir haben überzogen. Ich muss los, ich muss noch einkaufen.« Rasch stand sie auf. »Bis nächste Woche, Frau Wagner. Meinen Sie wirklich, ich brauche mir nicht so viele Gedanken zu machen?«

»Sicher nicht. Aber auch darüber reden wir beim nächsten Termin.«

Kira stand ebenfalls auf. Sie begleitete ihre Patientin bis zur Tür ihrer Praxis im ersten Stock des Ärztehauses im Stadtteil Meyernberg in Bayreuth.

»Eine gute Zeit für Sie, Frau Braun«, verabschiedete sie sie.

»Ebenso«, murmelte die Frau und eilte die marmornen Stufen hinunter.

Kira drückte die Tür wieder ins Schloss und ging zurück in ihr Sprechzimmer. Sie öffnete die beiden Fensterflügel, wie immer, wenn eine Sitzung beendet war. Die warme Luft des frühen Abends drang in den Raum. Kira wandte dem Fenster den Rücken zu und begann, ihre Papiere zu ordnen, die auf dem Schreibtisch lagen. Eigentlich standen jetzt noch Büroarbeiten an. Sie hatte etliche Berichte zu schreiben, musste die Anfrage einer Krankenkasse beantworten und ein Gutachten erstellen. Lust dazu hatte sie keine.

Sie setzte sich hinter ihren Schreibtisch, streckte die Beine von sich und betrachtete den unerledigten Papierkram. Es war kurz vor halb sieben, und es war Sommer. Ein herrlicher Sommer. Seit zwei Wochen war ein Tag schöner als der andere.

Kira stand auf, nahm ihre Handtasche aus dem Schrank, der neben ihrem Schreibtisch stand, kramte ihren Schlüsselbund daraus hervor und verließ die Praxis.

Sie trat ins Treppenhaus und sperrte hinter sich ab. Ehe sie ging, drückte sie noch einmal gegen die Klinke, um sich zu vergewissern, dass sie abgeschlossen hatte. Missmutig dachte sie, dass auch sie gegen gewisse Zwangshandlungen nicht ganz gefeit war, und ging langsam ins Erdgeschoss hinunter.

Sie war sicher die Einzige, die sich an diesem Freitagabend noch im Gebäude aufhielt. Im Stockwerk über ihr befand sich die Praxis eines Augenarztes, der sowohl sich als auch sein Personal jeden Freitag pünktlich um zwölf Uhr ins Wochenende entließ. Im Erdgeschoss arbeitete ein Gynäkologe, mit nahezu der gleichen Einstellung. Bei ihm war freitags um dreizehn Uhr Schluss. Nur Kira war oft bis in den Abend hinein im Gespräch mit ihren Patienten. Aber im Gegensatz zu den beiden Kollegen hatte sie ja auch keine Familie, die auf sie wartete.

Kira verließ das Haus. Ihr kleiner roter Dacia war das einzige Fahrzeug, da