: Bernard Cornwell
: Der Flammenträger Historischer Roman
: Rowohlt Verlag Gmbh
: 9783644401464
: Die Uhtred-Saga
: 1
: CHF 10.00
:
: Historische Romane und Erzählungen
: German
: 480
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
«Und mein Speer fuhr in das Drachenauge, und der Schaft bebte, als das Schiff an uns vorüberglitt zu den ruhigeren Gewässern des Hafens, der vor dem Sturm geschützt wurde durch den gewaltigen Felsen, auf dem die Festung stand. Meine Festung. Bebbanburg.» Viele Jahre hat Uhtred gegen die Dänen und Norweger gekämpft. Inzwischen wird nur noch ein englisches Reich von einem Nordmann regiert, Northumbrien, dessen König Uhtreds Schwiegersohn ist. Die Zeit der Kriege scheint vorbei, und Uhtred sieht die Stunde gekommen, endlich Bebbanburg, den Sitz seiner Vorväter, zurückzuerobern. Doch der Frieden gebiert den Wunsch nach Krieg. Bald steht Uhtred drei mächtigen Gegnern gegenüber. Da hilft es nicht, nur tapfer in der Schlacht zu sein. Man muss auch klug sein wie eine Schlange.

 Bernard Cornwell, geboren 1944 in London und aufgewachsen in Essex, arbeitete nach seinem Geschichtsstudium an der University of London lange als Journalist bei der BBC, wo er das Handwerk der gründlichen Recherche lernte (zuletzt als «Head of Current Affairs» in Nordirland). 1980 heiratete er eine Amerikanerin und lebt seither in Cape Cod und in Charleston/South Carolina. Weil er in den USA zunächst keine Arbeitserlaubnis erhielt, begann er Romane zu schreiben. Im englischen Sprachraum gilt er als unangefochtener König des historischen Abenteuerromans. Seine Werke wurden in über 20 Sprachen übersetzt - Gesamtauflage: mehr als 30 Millionen Exemplare. Die Queen zeichnete ihn mit dem «Order of the British Empire» aus.

Erster TeilDer König


Eins


Es begann mit drei Schiffen.

Jetzt waren dort vier.

Die drei Schiffe waren an die Küste Northumbriens gekommen, als ich ein Kind war, und binnen Tagen war mein älterer Bruder tot, und binnen Wochen folgte ihm mein Vater ins Grab, mein Onkel raubte mein Land, und ich war ein Vertriebener geworden. Nun, so viele Jahre später, beobachtete ich von demselben Strand aus vier Schiffe, die auf die Küste zukamen.

Sie kamen aus dem Norden, und aus dem Norden kommt nur Schlechtes. Der Norden bringt Frost und Eis, Norweger und Schotten. Er bringt Gegner, und ich hatte schon genügend Gegner, denn ich war nach Northumbrien gekommen, um Bebbanburg zurückzuerobern. Ich war gekommen, um meinen Cousin zu töten, der sich meine Stellung angeeignet hatte. Ich war gekommen, um mir mein Heim zurückzuholen.

Bebbanburg lag weiter südlich. Seine Wälle konnte ich von dort, wo unsere Pferde standen, nicht sehen, weil die Dünen zu hoch waren, aber ich sah den Rauch von den Kochfeuern der Festung, den der stürmische Wind nach Westen trieb. Der Rauch wurde landeinwärts geweht und verschmolz mit den niedrigen, grauen Wolken, die auf die dunklen Hügel Northumbriens zujagten.

Es war ein scharfer Wind. An den Sandbänken, die sich in Richtung der Insel Lindisfarena erstreckten, brachen sich tosende Wellen, die schnell und weiß schäumend auf das Ufer zuliefen. Weiter draußen waren die Wogen schaumgekrönt, gischtsprühend und verwirbelt. Zudem war es bitterkalt. In Britannien mochte gerade der Sommer eingekehrt sein, doch an der northumbrischen Küste schwang immer noch der Winter seine scharfe Klinge, und ich war froh um den Bärenfellumhang.

«Ein schlechter Tag für Seefahrer», rief mir Berg zu. Er war einer meiner jüngeren Männer, ein Norweger, der sein Können als Schwertmann allzu gern unter Beweis stellte. Er hatte im vergangenen Jahr sein Haar noch länger wachsen lassen, bis es wie ein Pferdeschweif unter dem Rand seines Helms herausflatterte. Ich hatte einmal einen Sachsen gesehen, der einen Mann an seinem langen Haar rücklings aus dem Sattel gezogen und ihn mit dem Speer durchbohrt hatte, während der Mann noch mit rudernden Armen auf der Erde lag.

«Du solltest dein Haar schneiden», mahnte ich Berg.

«Beim Kampf binde ich es hoch!», rief er zurück, dann deutete er mit einem Nicken zur See hinüber. «Sie werden Schiffbruch erleiden! Sie sind zu nah am Ufer!»

Die vier Schiffe folgten dem Ufer, kämpften jedoch darum, weiter draußen zu bleiben. Der Wind drohte, sie an den Strand zu treiben, sie auf den Sandbänken auflaufen zu lassen, sie dort umzukippen und auseinanderzubrechen, doch die Ruderleute hängten sich in die Riemen, während die Steuermänner versuchten, ihren Bug von den Brechern wegzuzwingen. Wellen zerbarsten am Bug der Schiffe und überrollten weiß schäumend die Decks. Der quer einfallende Wind war zu stark, um Rah oder Segel aufzuziehen, und so hatten sie das schwere Segeltuch an Deck verstaut.

«Wer sind sie?», fragte mein Sohn, während er sein Pferd an meine Seite lenkte. Der Wind hob seinen Umhang und peitschte Mähne und Schweif seines Pferdes.

«Wie soll ich das wissen?», fragte ich.

«Hast du sie nicht früher schon einmal gesehen?»

«Nie», sagte ich. Ich kannte die meisten Schiffe, die sich vor der northumbrischen Küste herumtrieben, aber diese vier waren mir fremd. Es waren keine Handelsfahrer, sondern sie hatten den hohen Bug und das niedrige Freibord von Kampfschiffen. Sie hatten Tierköpfe auf dem Bug, was sie als Heiden auswies. Die Schiffe waren groß. Jedes, so schätzte ich, war mit vierzig oder fünfzig Mann besetzt, die nun in der tückischen See und dem rauen Wind um ihr Leben ruderten. Die Flut kam, was ei