: Bernard Cornwell
: Die Herren des Nordens Historischer Roman
: Rowohlt Verlag Gmbh
: 9783644407916
: Die Uhtred-Saga
: 1
: CHF 10.00
:
: Historische Romane und Erzählungen
: German
: 480
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Mein Schwert kann mir die ganze Welt erobern. «Ich sah eine goldene Zukunft vor mir, wenn ich erst einmal das Königreich für Guthred gesichert hätte. Aber ich hatte die Boshaftigkeit der drei Spinnerinnen vergessen, die am Fuße der Weltenesche unser Schicksal weben.» Uhtred, der Krieger, hat in der Schlacht von Ethandun das letzte englische Königreich gerettet. Nun kehrt er zurück in seine vom Krieg erschütterte Heimat. Tritt ein in den Dienst König Guthreds von Northumbrien, den er selbst aus dänischer Gefangenschaft befreit hat. Doch sein neuer Herr verrät ihn. An die Ruder eines Sklavenschiffs gekettet, beginnt für Uhtred eine Reise ins Ungewisse. Wird er je wieder englischen Boden betreten? «Bernard Cornwell ist ein literarisches Wunder. Jahr für Jahr lässt er sich weder von Hagel, Regen, Schnee noch Krieg und Aufruhr davon abhalten, die unterhaltsamsten und lesenswertesten historischen Romane seiner Generation zu schreiben.» (Daily Mail) «Cornwells neuer Roman ist meisterhaft erzählt und äußerst gut recherchiert.» (Observer) «Ein glänzender dritter Teil.» (Publishers Weekly)

 Bernard Cornwell, geboren 1944 in London und aufgewachsen in Essex, arbeitete nach seinem Geschichtsstudium an der University of London lange als Journalist bei der BBC, wo er das Handwerk der gründlichen Recherche lernte (zuletzt als «Head of Current Affairs» in Nordirland). 1980 heiratete er eine Amerikanerin und lebt seither in Cape Cod und in Charleston/South Carolina. Weil er in den USA zunächst keine Arbeitserlaubnis erhielt, begann er Romane zu schreiben. Im englischen Sprachraum gilt er als unangefochtener König des historischen Abenteuerromans. Seine Werke wurden in über 20 Sprachen übersetzt - Gesamtauflage: mehr als 30 Millionen Exemplare. Die Queen zeichnete ihn mit dem «Order of the British Empire» aus.

Erster TeilDer Sklavenkönig


Ich brauchte Dunkelheit. In dieser Sommernacht aber schien ein Halbmond immer wieder zwischen den Wolkenlücken hindurch und brachte mich aus der Ruhe. Ich aber wollte Dunkelheit.

Ich hatte zwei Ledertaschen auf den kleinen Hügel gebracht, der die nördliche Grenze meines Anwesens bildete. Meines Anwesens. Mit Fifhaden, so hieß es, hatte mich König Alfred für meine Dienste bei Ethandun belohnt, wo wir auf einem langen grünen Bergrücken das dänische Heer aufgerieben hatten. Es war ein Kampf Schildwall gegen Schildwall gewesen, und an seinem Ende war Alfred wieder König, und die Dänen waren geschlagen, und Wessex war wiederauferstanden. Ich kann sagen, dass ich zu all dem mehr getan habe als die meisten anderen Kämpfer. Meine Frau war umgekommen, mein Freund war umgekommen, ein Speer hatte sich in meinen rechten Oberschenkel gebohrt, und meine Belohnung war Fifhaden.

Fünf Felder. Das bedeutete der Name. Fünf Felder! Es war kaum genug Land, um die vier Sklavenfamilien zu ernähren, die den Boden beackerten und im Kenet fischten. Andere Männer hatten weitläufigen Grundbesitz erhalten, und die Kirche war mit großen Waldgebieten und fetten Weidegründen belohnt worden, und mir gaben sie fünf Felder. Ich hasste Alfred. Er war ein jämmerlicher, frömmlerischer, geiziger König, der mir misstraute, weil ich kein Christ war, weil ich aus dem Norden kam und weil ich ihm in Ethandun sein Königreich zurückerobert hatte. Und meine Belohnung dafür war Fifhaden. Der Bastard.

Also hatte ich die zwei Taschen auf den niedrigen Hügel gebracht, der von Schafen abgeweidet worden war und auf dem mächtige graue Felsblöcke lagen, die weiß schimmerten, wenn der Mond hinter den dichten Wolken hervorkam. Ich hockte mich neben einen dieser riesigen Steine, und Hild kniete neben mir.

Zu dieser Zeit war sie meine Frau. Früher hatte sie als Nonne in Cippanhamm gelebt, aber dann hatten die Dänen die Stadt eingenommen und sie zur Hure gemacht. Und nun war sie mit mir zusammen. Manchmal hörte ich sie nachts beten. Ihre Gebete bestanden bloß aus Tränen und Verzweiflung, und ich vermutete, sie würde schließlich zu ihrem Gott zurückkehren, doch im Moment war ich ihre Zuflucht. «Warum warten wir noch?», fragte sie.

Ich legte einen Finger auf meine Lippen, damit sie schwieg. Sie beobachtete mich. Ihr Gesicht war lang und schmal, mit großen Augen, und unter einem abgetragenen Tuch verbarg sie goldglänzendes Haar. Ich hielt es für eine Verschwendung, dass sie Nonne war. Alfred dagegen wollte sie zurück im Kloster wissen. Und genau deshalb ließ ich sie bei mir bleiben. Um ihn zu ärgern. Den Bastard.

Ich wartete, um sicher zu sein, dass uns niemand sah. Aber das war unwahrscheinlich, weil die Leute sich nachts nicht gerne herauswagen, denn in der Finsternis treiben schreckliche Erscheinungen ihr Unwesen. Hild klammerte sich an ihr Kruzifix, aber ich fühlte mich wohl im Dunkeln. Schon als Kind hatte ich gelernt, die Nacht zu lieben. Ich war ein Sceadugengan, ein Schattenwandler, eine von den Kreaturen, vor denen sich andere fürchteten.

Ich wartete lange, bis ich ganz sicher war, dass sich außer uns niemand auf der Hügelkuppe befand. Dann zog ich Wespenstachel, mein Kurzschwert, und stach eine eckige Grassode aus, die ich neben mich legte. Darauf grub ich mich tiefer in den Grund und häufte die lose Erde auf meinen Umhang. Immer wieder kratzte die Klinge an Kalkschichten und Flintstein, und ich wusste, dass sie davon schartig wurde, aber ich machte trotzdem weiter, bis ich eine Grube ausgehoben hatte, in der man ein Kind hätte beerdigen können. Wir legten die beiden Taschen hinein. Das war mein Hort. Mein Silber und mein Gold, mein Vermögen, und ich wollte mich nicht mit ihm belasten. Ich besaß Fifhaden, zwei Schwerter, ein Kettenhemd, einen Schild, einen Helm, ein Pferd und eine magere Nonne, aber ich hatte keine Männer, um einen Hort zu bewachen, und deshalb musste ich ihn verstecken. Ich behielt nur ein paar Silbermünzen, und den ganzen Rest vertraute ich der Erde an. Danach bedeckten wir den Hort mit Sand, stampften den