: Bernard Cornwell
: Der weiße Reiter Historischer Roman
: Rowohlt Verlag Gmbh
: 9783644407817
: Die Uhtred-Saga
: 1
: CHF 10.00
:
: Historische Romane und Erzählungen
: German
: 512
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
«Und ich sah ein weißes Pferd, und des Reiters Name hieß Tod.» «Sie waren wie ein dunkler Fleck in der Landschaft. Sie zogen durch grüne Felder, Reihe um Reihe von Reitern, und es schien, als entstiegen sie dem Schattenreich, wie sie langsam ins Licht der Sonne vorrückten. Speerspitzen, Helme und Rüstungen glitzerten, unzählige Male brachen sich die Sonnenstrahlen und schossen Lichtblitze, denn immer mehr Männer tauchten aus der wolkenverhangenen Zone auf.» Ende des 9. Jahrhunderts haben die dänischen Eroberer alle fünf englischen Königreiche unterjocht. Das gesamte Land der Angelsachsen ist in der Gewalt der Invasoren - mit Ausnahme eines kleinen Sumpfgebietes. Hier hält sich König Alfred von Wessex mit wenigen Getreuen versteckt. Uhtred, Krieger in Alfreds Diensten, kennt die Übermacht des dänischen Heeres genau. Dennoch will Alfred eine letzte, entscheidende Schlacht führen. Der fromme König setzt dabei auf Gottes Hilfe, Uhtred hingegen vertraut lieber seinem kampferprobten Schwert. Über eines aber sind sich die beiden ungleichen Verbündeten vollkommen einig: Eine Niederlage wäre der Untergang Englands. Die Fortsetzung des Weltbestsellers «Das letzte Königreich»: «Wieder eine absolute Spitzenleistung vom Meister des Fachs.» (Booklist) «Unterhaltung auf höchstem Niveau, packend und informativ zugleich.» (Washington Post)

 Bernard Cornwell, geboren 1944 in London und aufgewachsen in Essex, arbeitete nach seinem Geschichtsstudium an der University of London lange als Journalist bei der BBC, wo er das Handwerk der gründlichen Recherche lernte (zuletzt als «Head of Current Affairs» in Nordirland). 1980 heiratete er eine Amerikanerin und lebt seither in Cape Cod und in Charleston/South Carolina. Weil er in den USA zunächst keine Arbeitserlaubnis erhielt, begann er Romane zu schreiben. Im englischen Sprachraum gilt er als unangefochtener König des historischen Abenteuerromans. Seine Werke wurden in über 20 Sprachen übersetzt - Gesamtauflage: mehr als 30 Millionen Exemplare. Die Queen zeichnete ihn mit dem «Order of the British Empire» aus.

Erster TeilWikinger


Eins


Wenn ich heute Zwanzigjährige sehe, scheinen sie mir schrecklich jung und kaum der Mutterbrust entwöhnt. Doch als ich selbst in diesem Alter war, hielt ich mich für einen erwachsenen Mann. Ich hatte ein Kind gezeugt, im Schildwall gekämpft und ließ mir von niemandem Ratschläge geben. Kurz, ich war überheblich, dumm und eigensinnig. Und deshalb traf ich auch nach unserem Sieg bei Cynuit die falsche Entscheidung.

Wir hatten die Dänen in der weiten Sumpflandschaft am Rande der Sæfern-See zum Kampf gestellt, und wir hatten sie geschlagen. Es war eine große Schlacht geworden, und ich, Uhtred von Bebbanburg, hatte einen großen Anteil an unserem Sieg. Denn als sich der große Ubba Lothbrokson, der von allen gefürchtete dänische Anführer, gegen Ende der Schlacht mit seiner mächtigen Streitaxt gegen unseren Schildwall warf, bot ich ihm die Stirn, rang ihn nieder, und ich schickte ihn in die Reihen derEinherjar, jener gefallenen Krieger, die in Odins Leichenhalle feiern und schmausen.

Nach diesem Sieg hätte ich Leofrics Rat befolgen und unverzüglich nach Exanceaster reiten sollen, wo Alfred, der König der Westsachsen, Guthrum belagerte. Ich hätte, tief in der Nacht dort angekommen, den König aus dem Schlaf wecken und ihm Ubbas Rabenbanner und seine Streitaxt, an der noch Blut klebte, vor die Füße legen sollen. Ich hätte dem König die gute Nachricht bringen sollen, dass die Dänen vernichtend geschlagen und die wenigen, die überlebt hatten, auf ihren Drachenschiffen geflohen waren, dass Wessex gerettet und dass ich es war, Uhtred von Bebbanburg, der diesen großen Sieg errungen hatte.

Stattdessen aber machte ich mich auf den Weg zu Frau und Kind.

Jung wie ich war, wollte ich lieber Mildrith pflügen als den Lohn für meine Taten einfordern. Das war ein Fehler, doch wenn ich zurückschaue, bedauere ich es eigentlich nicht. Das Schicksal ist unerbittlich, und Mildrith zu pflügen, die ich nicht hatte heiraten wollen und die ich eines Tages hassen sollte, war mir damals eine allzu große Verlockung.

Es war ein Samstag in jenem späten Frühjahr 877, an dem ich, statt Alfred aufzusuchen, nach Cridianton ritt. Ich nahm zwanzig Männer mit und versprach Leofric, gegen Sonntagmittag in Exanceaster einzutreffen, um Alfred wissen zu lassen, dass wir die Schlacht gewonnen und sein Königreich gerettet hatten.

«Der junge Odda wird schon dort sein», warnte mich Leofric. Leofric war doppelt so alt wie ich, ein in zahllosen Kämpfen gegen die Dänen gestählter Krieger. «Hast du mich verstanden?», fragte er, weil ich nichts sagte. «Der junge Odda wird schon dort sein», wiederholte er. «Er ist ein Stück Gänseschiss und wird dem König weismachen, dass ihm der Sieg zu verdanken sei.»

«Die Wahrheit kommt immer an den Tag», entgegnete ich hochmütig.

Leofric lachte bloß darüber. Er war ein bärtiges, gedrungenes Raubein, dem eigentlich der Oberbefehl über Alfreds Flotte zustand. Doch weil er von niederer Geburt war, hatte Alfred wider Willen beschieden, dass ich seine zwölf Schiffe kommandieren sollte, denn ich war ein Aldermann, ein Adelsspross, und es gehörte sich so, dass ein Hochwohlgeborener die westsächsische Flotte anführte, auch wenn sie viel zu kümmerlich war, um der Übermacht der dänischen Schiffe, die vor Wessex’ Südküste aufgekreuzt waren, Widerstand zu leisten. «Du bist und bleibst ein Earsling», grummelte Leofric. Ein Earsling war ein dampfender Haufen, den ein Tier gemacht hatte, und Leofric hatte für diese Beleidigung eine besondere Vorliebe. Wir waren Freunde.

«Wir werden morgen bei Alfred vorsprechen», sagte ich.

«Und Odda geht schon heute zu ihm», erwiderte Leofric geduldig.

Odda der Jüngere war der Sohn Oddas des Älteren, der meiner Frau Obdach geboten hatte. Der Jüngere mochte mich nicht, hatte er doch selbst darauf gehofft, Mildrith zu pflügen. Außerdem war er, genau wie Leofric sagte, ein Stück Gänseschiss, schmierig und glitschig, weshalb die Abneigung auf Gegenseitigkeit beruhte.

«Wir werden morgen bei Alfred vorsprechen», wiederholte ich. Und so ritten wir am nächsten Morgen nach Exanceaster, zusammen mit Mildrith, unserem Sohn und seiner Amme. Wir fanden Alfred im Norden der Stadt, wo sein grün-weißes Banner ü