: Hera Lind
: Für immer deine Tochter Roman nach einer wahren Geschichte
: Diana Verlag
: 9783641245481
: 1
: CHF 9.90
:
: Romanhafte Biographien
: German
: 448
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Paula findet in einer Küchenschublade das Tagebuch ihrer verstorbenen Mutter. Nie hatte Anna von ihrer Flucht mit Baby Paula aus Pommern nach Kriegsende 1945 erzählt. Doch beim Lesen offenbart sich Paula eine Wahrheit, die sie vollkommen aus der Bahn wirft. Ergreifend berichtet Anna von ihrem monatelangen Verstecken mit dem Säugling auf einem Dachboden, von ihrer Verzweiflung, immer den Tod vor Augen, und von dem Deserteur Karl, der Anna und die kleine Tochter in letzter Sekunde rettet. Als Paula von ihrer wahren Identität erfährt, bricht für sie eine Welt zusammen, und sie macht sich auf, um ihre Spuren zu finden.

Hera Lind studierte Germanistik, Musik und Theologie und war Sängerin, bevor sie mit zahlreichen Romanen sensationellen Erfolg hatte. Seit einigen Jahren schreibt sie ausschließlich Tatsachenromane, ein Genre, das zu ihrem Markenzeichen geworden ist. Mit diesen Romanen erobert sie immer wieder die SPIEGEL-Bestsellerliste. Hera Lind lebt mit ihrem Mann in Salzburg, wo sie auch gemeinsam Schreibseminare geben.

1

PAULA

Bamberg, 20. April 2004

Nebenan polterte es in der Küche. Da war aber jemand sauer!

»Au! Scheiße! Verdammte Kacke!«

Alsobitte! Doch nicht aus dem Munde meiner Tochter!

»Rosa? Alles in Ordnung?« Ich erhob mich mit schmerzenden Knien aus meiner unbequemen Position. Das Putzen unter dem klobigen Wohnzimmerschrank von meiner unlängst verstorbenen Mutter war nichts mehr für meine morschen Knochen. Jedenfalls bildete ich mir das ein, sollte ich doch in Kürze sechzig werden. Dieser runde Geburtstag lähmte mich, und jetzt auch noch dieser verdammte Streit mit Rosa. Ja, es war eine vertrackte Situation, in der wir uns da gerade befanden. Rosa und ich hatten gemeinsam Mutters altes Haus geerbt … und ich hatte Rosas heiß geliebten Opa, meinen Vater Karl, ins Heim gesteckt!

Aber was sollte ich denn machen, jetzt, wo er Witwer war und allein nicht mehr zurechtkam? Schließlich war ich als Oberstudienrätin voll berufstätig. Ich liebte meinen Job und meine Schüler! Rosa hingegen hatte gerade das Referendariat beendet und würde nach den Sommerferien ebenfalls mit einer vollen Stelle an meinem Gymnasium anfangen: am E.T.A.-Hoffmann Gymnasium, wo schon mein Vater Karl und davor sein Vater Karl senior Direktor gewesen waren. Stolz hielten wir die Familientradition hoch, doch wenn Opa Karl zu Hause weiterleben sollte, musste eine von uns beiden den alten Mann pflegen und zu ihm in dieses Haus ziehen.

Rosa befand, dass sie dafür zu jung sei, und ich, dass ich mit sechzig noch lange nicht den Schuldienst quittieren wollte. Das aber verlangte mein Fräulein Tochter dreist von mir!

Darüber waren wir so in Streit geraten, dass wir gerade schweigend das Haus ausräumten, ohne zu wissen, was damit geschehen sollte. Es war doch mein Elternhaus, und Rosa hatte bei ihren geliebten Großeltern ebenfalls eine schöne Kindheit verbracht.

Dass meine Tochter jetzt so fluchte, lag auch an ihrer inneren Zerrissenheit.

Niemand von uns beiden konnte sich um meinen 89-jährigen Vater kümmern, der in letzter Zeit ziemlich dement wirkte. Er redete inzwischen häufig ziemlich wirres Zeug, manchmal sprach er mich sogar mit falschem Vornamen an. Es würde also das Beste sein, das Haus so schnell wie möglich zu verkaufen. Es befand sich nämlich in einer Traumlage, direkt an der Regnitz in Bambergs bezaubernder Altstadt, und Rosas Zukunft würde durch den Hausverkauf ebenso abgesichert sein wie mein späterer Ruhestand. Schließlich wollten Rosa und ich auch noch reisen, solange sie nicht verheiratet war. Alsoich wollte das. Denn eigentlich standen uns Rosa und ich sehr nahe. Ich hatte sie ganz allein großgezogen, und die Großeltern Anna und Karl hatten sich stets liebevoll um ihre einzige Enkelin gekümmert, sie mit Liebe und Zuneigung überschüttet, wenn