: W. A. Hary
: Geister-Detektiv Mark Tate 3 - 5 Romane in einem Band
: Uksak E-Books
: 9783738936193
: 1
: CHF 3.20
:
: Horror
: German
: 500
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Dieses Buch enthält folgende Mark Tate Romane: W.A.Hary: Ein Magier lässt die Puppen tanzen W.A.Hary: Nachts gruselt's sich leichter W.A.Hary: McArthur lässt das Sterben nicht W.A.Hary: Der Reinfall des Mr. Scott W.A.Hary: Beshwöre keinen Geist zum Scherz Mark Tate ist der Geister-Detektiv. Mit seinem magischen Amulett, dem Schavall, nimmter es mit den Mächten der Finsternis auf und folgt ihnen in andere Welten und wenn es sein muss, bis in die Hölle. Ihm zur Seite steht May Harris, die weiße Hexe.

Nachts gruselt’s sich leichter




Das Böse kehrt zurück! Und das Mädchen Marietta wird zu seinem willfährigen Werkzeug. Diesmal schafft es Jan Holleway nicht mehr bis zum Ende ohne die Hilfe von Mark Tate. Ihr werdet es sehen beziehungsweise lesen…



1



Marietta Bickford betrachtete sich im Spiegel. Eine fast Achtzehnjährige schaute ihr entgegen - blasses Gesicht, große Augen, in denen ein seltsames Feuer glomm. Marietta Bickford war schlank, mit einer hübschen, voll entwickelten Figur, die durch das einfache, dünne Kleid nur noch betont wurde.

Sie strich sich mit beiden Händen über Taille und Hüften. Es war eine mädchenhafte Geste.

Die vollen, sinnlich geschwungenen Lippen waren feucht. Ihre feinen Nasenflügel blähten sich leicht. In einem heftigen Atemzug hob und senkte sich die Brust. Ein Teufel schien die Glut in ihren ausdrucksvollen Augen zu schüren.

»Hörst du mich, Gebieter?« hauchte sie erschauernd.



2




Lauschend legte sie den Kopf schief.

Da war ein fernes Wispern. Kam es vom Wind, der draußen am geschlossenen Fensterladen vorbeistreifte?

»Gebieter!« Ihre Stimme bebte.

»Gebieter, bald werde ich bei dir sein, bald. Ich höre bereits das Säuseln des Todes. Das Blut rauscht in meinen Schläfen - nur für dich, mein Gebieter.«

Für Sekunden war es ihr, als verzerrte sich das Spiegelbild. Es wurde überlagert von einer dunklen Gestalt. In Augenhöhe glühten zwei Punkte.

Der Atem des Mädchens beschleunigte sich noch mehr. Feine Schweißperlen, die wie frischer Ton wirkten, traten auf ihre Stirn.

»Gebieter!« flüsterte sie.

Die Überlagerung verblaßte.

War sie nur Produkt ihrer Phantasie gewesen?

Marietta Bickford schluchzte laut auf. Sie stützte sich gegen den großen Spiegel, tat, als wollte sie hineinkrabbeln, bis sie die Sinnlosigkeit dieses Tuns einsah und zurücktrat.

Weinend schlug sie die Hände vor das Gesicht und ging langsam in die Knie.

In diesem Augenblick drang ein Geräusch an ihre Ohren, das sie auffahren ließ. Sie hörte das Schrillen eines Weckers, durch dicke Wände gedämpft.

Sie fuhr auf und blickte gehetzt um sich. Für ihr Spiegelbild hatte sie jetzt keinen Blick mehr.

Sie lief auf nackten Füßen zur Tür und lauschte.

Jemand hatte den Wecker ausgedrückt. Sie hörte Stimmen.

Marietta tastete nach dem Lichtschalter, betätigte ihn - sofort wurde es dunkel.

Es dauerte eine Weile, ehe sich ihre Augen umgewöhnt hatten. Durch die geschlossenen Fensterläden, die ein paar Risse aufwiesen, drangen schmale Streifen von Tageslicht.

War denn wirklich die Sonne bereits aufgegangen?

Marietta Bickford lief zu dem altmodischen Kastenbett zurück. Sekundenlang blieb sie daneben stehen und horchte auf. Ihr Gesicht nahm einen gespannten Ausdruck an.

Es war still im Haus.

Enger zog sie den Umhang um ihre schmalen Schultern. Sie fröstelte vor Kälte. Unter ihrer Haut glühte sie aber.

Mit der Zunge fuhr sie sich über die Lippen und legte den Kopf in den Nacken zurück.

»Oh, mein Gebieter«, rief sie, »warum quälst du mich so sehr?«

Draußen auf dem Gang näherten sich jetzt Schritte.

Mariettas Gedanken kehrten in die nüchterne Wirklichkeit zurück. Blitzschnell schlüpfte sie unter die Decke. Der Stoff war rauh und kratzte.

Die Schritte stoppten vor der Tür.

Als geöffnet wurde, knarrte es leise.



3




Eine schwielige Hand langte herein und ließ das Licht aufflammen.

Marietta rührte sich nicht. Sie stellte sich schlafend.

Jemand durchquerte das kleine Zimmer mit den derben Dielen und verharrte am Bett. Die Decke wurde leicht zurückgezogen.

»Marietta!« schimpfte eine keifende Stimme. »Marietta, liegst du schon wieder ohne Nachthemd im Bett? Du weißt, wie unzüchtig das ist. Schäme dich!«

Marietta tat, als erwachte sie.

Sie streckte ihre Arme hoch, rekelte sich und blinzelte ins Licht.

Das Gesicht über ihr hing vor der Lampe und wirkte wie ein Schattenriß.

Das Mädchen musterte die Gestalt aufmerksam. Es erkannte die wettergegerbte Haut und die schwielige Hand, die sich gegen den schmallippigen Mund drückte. Der Gesichtsausdruck wirkte hart, nicht wie der einer Vierzigjährigen.

Jetzt waren die Augen vor Entsetzen geweitet.

»Wie verdorben du bist, Marietta. Schämst du dich denn überhaupt nicht vor deiner eigenen Mutter?«

Marietta lächelte unergründlich. Mit einem Ruck warf sie die Decke beiseite und sprang aus dem Bett.

Die derbe Frau warf die Arme hoch und flüchtete kreischend aus dem Zimmer.

»Der Satan ist in sie gefahren, der Satan!« zeterte sie draußen.

Marietta Bickford lachte böse, als sie ihr nachsah. Sie schaute in den Spiegel.

»Der habe ich es gegeben, Gebieter, nicht wahr? Einen ganz gehörigen Schock habe ich ihr versetzt, stimmt's? Am liebsten würde ich so, wie ich bin, auf die Straße laufen. Alle sollen sie erschrecken. «

Verbissen hielt sie ein. Sie ballte die kleinen, zierlichen Hände zu Fäusten.

»Ja, der Satan ist in mir«, murmelte sie. »Der wirkliche Satan.«

Sie breitete die Arme aus und himmelte den Spiegel an.

»Gebieter, bitte sende mir ein Zeichen! Ist das, was ich vorhabe, richtig?«

Da war nichts und niemand, der ihr eine Antwort gab.

Abrupt wandte sie sich ab.

»Egal, es wird getan, was getan werden muß. Alles ist vorbereitet. Ein Zurück ist unmöglich.«

Auf einmal wirkte sie fast traurig.

Sie rückte den Schrank, den sie vor dem Auftauchen ihrer Mutter vergessen hatte, wieder an seinen Platz vor dem Spiegel zurück.

Der Mutter war der Spiegel gar nicht aufgefallen, auch ihn hätte sie für ein Teufelswerk gehalten.

Dann nahm sie den steinernen Krug und schüttete Wasser in die Schüssel. Langsam begann sie sich zu waschen.

Ihre Gedanken weilten ganz woanders.



4




Vor der Küchentür blieb Marietta Bickford stehen.

Von drinnen war die Stimme der Mutter zu hören. Sie schimpfte laut und keifend. Nur sie war zu hören. Niemand ging auf ihre Worte ein.

Trotzdem mußte der Vater auch anwesend sein. Er verhielt sich schweigend - wie immer.

»Ich weiß nicht, was mit ihr los ist. In den letzten Wochen ist es ganz schlimm geworden mit ihr. Wenn wir am Wochenende nach Furlington fahren, um zur Kirche zu gehen, werde ich mit dem Pfarrer darüber reden. Das geht nicht so weiter. In ein Kloster stecken wir sie, in ein Kloster. Dort wird man ihr den Teufel schon wieder austreiben.«

Es war das erste Mal, daß sich Mariettas Vater zu Wort meldete:

»Wie kannst du so was sagen, Frau? Marietta ist ein junges Ding. Die haben heute ganz andere Vorstellungen von der Welt als wir sie hatten.«

»Wie? Willst du sie auch noch in Schutz nehmen? Ja, merkst du denn nicht, daß der Teufel von ihr Besitz ergriffen hat? Neuerdings geht sie sogar ins Bett, ohne was anzuhaben. Ja, du hast richtig gehört, sie hat nichts an. Vorhin war das so gewesen. Ich dachte, ich kriege einen Herzschlag. Ich bin aus dem Zimmer geflüchtet, so hat mich das erschreckt.«

Jetzt sagte der Vater nichts mehr. Er schien genauso schockiert zu sein wie die Mutter.

Marietta beschloß, dem Spiel ein Ende zu bereiten.

Sie zupfte den anthrazitfarbenen Rock zurecht und griff nach der Türklinke.

Knarrend öffnete sich die Tür.

Sofort verstummte die Mutter.

Marietta verhielt in der Türöffnung, als gäbe es eine unsichtbare Wand, die sie mit aller Gewalt durchbrechen mußte. Ihr unsteter Blick wanderte durch den Raum.

Die Einrichtung der Küche wirkte wie ein Überbleibsel einer längst vergangenen Zeit - und das war sie auch.

Die beiden Menschen, die an dem rohgezimmerten Tisch saßen, paßten zu dem Bild.

Die Mutter war ganz in Schwarz gekleidet. Die Haare wurden durch einen dicken Knoten am Hinterkopf zusammengehalten. Ein bitterer Zug lag um den schmallippigen Mund. Die Mundwinkel waren wie gewöhnlich leicht herabgezogen.

Mrs. Bickford hatte mindestens vierzig Kilo Übergewicht, und sie gab sich große Mühe, ihre Fülle sorgfältig zu verhüllen.

Der Vater wirkte dürr und ausgemergelt, wie ein Magenkranker. Sein Gesicht hatte einen leicht gelblichen Ton. Die Haut war zerknittert wie bei einem alten Mann - dabei mochte er nicht älter sein als seine Frau. Er hatte ein grobes Wams an und zerschlissene Hosen. Die Füße steckten in Gummistiefeln.

Mariettas Blick blieb an...