Die Yacht lag im Hafen von Fiumicino. Das Double, das für meine Angebetete im Einsatz war, stand an der Reling. Die Aufgabe der Frau war einfach – Lauras Anwesenheit vortäuschen.
Ich rief Domenico in Rom an. »Setz Laura in den Wagen und schick sie her«, sagte ich.
»Gott sei Dank«, seufzte er. »Sie ist inzwischen unausstehlich.« Ich hörte, wie er eine Tür hinter sich schloss. »Ich weiß nicht, ob dich das interessiert, aber sie hat nach dir gefragt.«
Dazu sagte ich nichts. »Du fährst nicht mit«, antwortete ich nur. »Wir sehen uns später in Venedig. Ruh dich aus.«
»Du willst gar nicht wissen, was sie über dich sagt?« Domenico klang belustigt.
»Sollte mich das interessieren?«, fragte ich betont lässig, obwohl ich nur zu gern gewusst hätte, worüber die beiden sich unterhalten hatten.
»Ich glaube, du fehlst ihr.« Dieser einfache Satz verursachte mir einen Stich im Herzen.
»Dann sorge dafür, dass sie schnell kommt.« Ich legte auf und sah aufs Meer. Erneut erfasste mich Angst um Laura, dabei hatte ich nie Angst gehabt, doch jetzt ließ sie sich nicht unterdrücken.
Ich bezahlte die Frau, die Laura spielte, und schickte sie weg, sagte ihr aber, sie solle erreichbar bleiben. Ich wusste nicht, ob ich sie nicht doch bald noch einmal brauchte.
Laut seinem Boss Fernando Matos war Flavio mit seinen kaputten Händen auf die Kanaren zurückgekehrt, er konnte es deshalb nicht sein, der Laura bedroht hatte. Als hätte er sie im Nostro nie begrapscht. Als hätte ich ihm nicht die Hände zerschossen deswegen. Flavios Chef hatte mich am Telefon mit Gemeinplätzen abspeisen wollen, weshalb ich meine Leute nach Teneriffa geschickt hatte. Die bestätigten, dass von dieser Seite keine Gefahr drohte.
Während des Lunchs hatte ich eine Telekonferenz mit den Leuten aus denUSA. Ich musste sicher sein, dass sie am Filmfestival in Venedig teilnahmen und ich sie persönlich sprechen konnte – es ging um eine weitere Waffenlieferung für den Nahen Osten.
»Don Torricelli?« Fabio streckte den Kopf durch die Tür meiner Kajüte. Ich hob die Hand und beendete das Gespräch. »Frau Biel ist an Deck.«
»Dann legen wir ab«, sagte ich und stand auf.
Ich ging an Deck und sah mich um. Als ich meine wie ein Teenager angezogene Geliebte sah, ballte ich die Hände zu Fäusten und biss die Zähne zusammen. Die knappen Shorts und das winzige T-Shirt ziemten sich nicht für die Auserwählte des Oberhaupts einer sizilianischen Familie.
»Was hast du da an, verdammt noch mal! Du siehst aus wie …« Ich beendete den Satz nicht, als ich die fast leere Champagnerflasche sah. Laura drehte sich um, kippte gegen meine Brust und fiel dann schlaff auf die Couch. Sie war betrunken.
»Ich sehe aus, wie ich will, und das war’s«, lallte sie. »Du hast mich allein gelassen, ohne ein Wort, und behandelst mich wie eine Puppe, mit der du spielst, wenn du gerade Lust hast. Heute hat die Puppe aber Lust, allein zu spielen.«
Sie kam auf die Füße und schwankte zum Heck. Unterwegs zog sie ihre hohen Schuhe aus und wankte weiter.
»Laura …« Ich musste lachen. »Laura, warte! Was hast du vor?« Mein Lachen verwandelte sich in ein Knurren, als ich sah, wie sie der Reling gefährlich nahe kam. Ich lief ihr hinterher und rief: »Bleib stehen!«
Sie hörte mich nicht oder wollte mich nicht hören. Plötzlich rutschte sie aus, die Flasche entglitt ihr, und sie stürzte, mit den Armen rudernd, ins Meer.
»Scheiße!« Ich rannte los. Im Laufen riss ich mir die Schuhe von den Füßen und sprang ihr hinterher. Eine halbe Minute später hielt ich sie in den Armen.
Glücklicherweise hatte Fabio alles beobachtet und fischte uns aus dem Meer. Laura atmete nicht.
Ich begann, sie zu reanimieren. Immer schneller drückte ich auf ihren Brustkorb und blies ihr Luft in die Lunge.
»Atme!«, schrie ich auf Englisch, unsinnigerweise glaubend, sie könne mich hören. Plötzlich spuckte sie einen Schwall Wasser aus und würgte.
Ich strich ihr übers Gesicht