: Verena D. Eulenthal
: Der Süßspecht muss sterben
: myMorawa von Dataform Media GmbH
: 9783991255895
: 1
: CHF 8.00
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: Krimis, Thriller, Spionage
: German
Elena Frohsinn ist Ende dreißig und unzufrieden mit ihrem freudlosen Privatleben und ihrer stagnierenden beruflichen Karriere am Unabhängigen Institut für grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Daran scheint sich auch in diesem brütend heißen Wiener Sommer nichts, aber auch gar nichts zu ändern. Im Gegenteil, es dräut zusätzlicher Ärger seitens ihres Kollegen Heinz Heintl, genannt der Süßspecht. Dieser hat nämlich ein gut gehütetes dunkles Geheimnis aus ihren Jugendtagen ausgegraben. Wird der Kollege Elenas Geheimnis womöglich publik machen? Warum muss Heintl wenig später auf seinem maisgelben Sofa sterben? Was hat ihr Vorgesetzter, Hofrat Dr. Trübinger, mit der ganzen Sache zu tun? Und welche Rolle spielt ihre alte Freundin Adriana, die sich erfolgreich als Domina selbständig gemacht hat? Dann taucht auch noch dieser schnöselige junge Kommissar Guthman auf, der Elena Fragen stellt, denen sie selbst sich nie wieder stellen wollte...

Schon als Kind liebte es Verena D. Eulenthal, Geschichten zu erfinden und auf einer alten Schreibmaschine zu tippen. Früh begeisterte sie sich für Krimiliteratur aller Art. Ihr Erstlingswerk schrieb die studierte Juristin um die Jahrtausendwende, ließ sich aber mit der Veröffentlichung Zeit."Der Süßspecht muss sterben" ist ein Krimi mit autobiographischem Hintergrund und vereint so Authentizität und Spannung mit Wiener Lokalkolorit. Verena D. Eulenthal lebt und arbeitet in Wien und im Burgenland.

Kapitel 1


Der Montag begann unspektakulär. Ich fand ewig nicht aus den Federn, brach zu spät von zu Hause auf und traf jenseits jeder erlaubten Gleitzeit am Institut ein. Ich würde mich nicht als Morgenmensch bezeichnen und bei der seit Wochen herrschenden Bullenhitze war an Schlaf vor den frühen Morgenstunden nun mal nicht zu denken. Schon jetzt verschwitzt stürmte ich um 9.10 Uhr aus dem altersschwachen Aufzug in den bereits menschenleeren Gang im vierten Stock. Dort fing mich mein Chef Leo Trübinger ab, dessen Büro ich auf dem Weg zu meinem blöderweise passieren muss.

Unter uns: ich argwöhne, dass Trübinger sich jeden Morgen hinter seiner Bürotür auf die Lauer legt und aufs Stichwort auftritt, sobald er meinen energischen Schritt um die Ecke klappern hört. Seine schütteren, verdächtig schwarzen Haare klebten in dünnen Kringeln auf der schweißglänzenden Stirn und verliehen ihm zusammen mit dem lächerlich dünnen Oberlippenbärtchen ein wenig das Aussehen eines Hercule Poirot für Arme. Sein Gesicht war krebsrot, was nicht allzu ungewöhnlich für ihn ist. Jedoch hatte ich im Laufe der Jahre unserer Zusammenarbeit die verschiedenen Farbnuancen voneinander zu unterschieden gelernt. Dieses leicht ins brombeergeleefarben gehende Rot ließ zweifellos auf heftigen Zorn schließen und verhieß Ärger.

„Es ist zwölf Minuten nach 9.00 Uhr!“ donnerte er, ohne meine appetitliche Erscheinung im apfelgrünen, schmalgeschnittenen Kleid mit großzügigem Ausschnitt und den farblich passenden Sandalen auch nur eines Blickes zu würdigen. Dabei reckte er seinen massigen Körper so hoch wie möglich, jedoch vergebens, denn ich verfüge über extra lange Beine und eine Modelgröße von einem Meter dreiundachtzig, und zwar ohne meine gern getragenen High Heels.

Trübinger erweckte daher die Assoziation eines verfetteten Mopses, der eine Birke ankläffte. Offenbar war er sich dieses Bildes selbst schmerzhaft bewusst und ärgerte sich darüber gleich doppelt.

„Herzlichen Dank für die Auskunft,“ antwortete ich betont freundlich, „wenn ich Sie nicht hätte, müsste ich mir glatt eine Uhr kaufen!“

„Sie wissen, dass 9.00 Uhr der späteste Zeitpunkt ist, um in diesem Hause die Arbeit aufzunehmen! Und ich sehe Ihnen jeden Tag zu, wie Sie rund eine Viertelstunde zu spät provozierend hier rein stöckeln! Ich weiß, Sie machen das absichtlich! Sie wollen mich vor meinen Mitarbeitern desavouieren, meine Autorität untergraben!“

Dem guten Mann war ein gewisser Hang zur Paranoia nicht abzusprechen. Ich verlieh meinem Gesicht einen angemessen betroffenen Ausdruck.

„Sie haben Recht, Leo. Ich will Sie im ganzen Institut lächerlich machen, kein anderes Ziel habe ich in meinem kleinen traurigen Leben! Aber falls es sonst keine Neuigkeiten von Ihrer Seite gibt, würde ich jetzt gern mit meiner Arbeit beginnen!“

Damit machte ich einen eleganten Bogen um ihn und klapperte, so rasch es meine apfelgrünen Riemchensandalen erlaubten, über die grauen Steinfliesen auf mein Büro zu.

Seinen wütenden Blick und sein empörtes Schnaufen im Rücken sperrte ich die Tür zu meinem Zimmer auf. „Dr. E-lena Frohsinn“ stand mit weißen Plastikbuchstaben auf dem Schild daneben.

„Nett“, dachte ich, „dass sie mir den Titel an die Tür gepinnt haben. Da kann ich wenigstens nicht vergessen, dass ich irgendwann mal eine interessante Karriere vor mir gehabt hatte. Wenn ich bloß mit neunzehn gewusst hätte, wie unendlich öde das bürgerliche Leben ist, wer weiß, wie ich mich entschieden hätte! Vielleicht wäre ich in meinem damaligen Berufszweig mittlerweile berühmt geworden!“

„Oder tot, du dumme Gans. Oder in einer Anstalt. Oder im Gefängnis. Du hattest doch in Wahrheit gar keine Wahl!“ rief ich mich in der näch