: Franz Hohler
: Schnäll i Chäller Lieder, Gedichte, Texte
: Der gesunde Menschenversand
: 9783905825725
: edition spoken script
: 1
: CHF 17.00
:
: Lyrik
: German
: 184
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Franz Hohler war von jeher Autor und Musiker in einem, auch in seinem Schreiben: ein Sprachmusiker eben. Und er hat beim Erproben und Erkunden der sprachlichen Klänge und Rhythmen immer wieder auch auf die in der Schweiz gesprochene Sprache, die Mundart, zurückgegriffen. Die 'edition spoken script' präsentiert eine Auswahl an Mundarttexten, die Franz Hohler im Lauf der Zeit aus verschiedenen Anlässen publiziert oder vorgetragen hat. In diesen Mundarttexten zeigt sich besonders deutlich, was bei diesem Autor in der Literatur immer Vorrang hatte: die Expermentierfreude, die darauf aus ist, die Spielräume des Denkens und der Sprache zu erweitern. Die versammelten Texte lassen neben der besonderen klanglichen Farbigkeit der Mundart auch deren Fähigkeit zum lakonisch pointierten Ausdruck und zur unmittelbaren sinnlichen und emotionalen Anrede des Publikums erkennen. Mit Genuss entdeckt dieses, dass es beim Lesen auch das hören kann, was es in Buchstaben vor sich hat. Weit entfernt von jeder Schweizertümelei, zeigt Franz Hohler in seinen Mundartgedichten und -reden sowie in seinen Mundart-Nachdichtungen klassischer Texte aus der Antike und der Gegenwart zudem, dass der Dialekt auch eine Weltsprache werden kann: eine Sprache, die sich im Ausdruck von menschen- und völkerverbindender Erfahrungen und Träumen bewährt. Und die dabei auch keine Trennung von angeblich hoch- und tiefstehenden Künsten und Darbietungsweisen kennt.

Franz Hohler, geboren 1943, lebt als Schriftsteller in Zürich und gehört zu den bedeutendsten Erzählern der Schweiz. Zahlreiche Preise, unter anderem Salzburger Stier für das Lebenswerk (2008), Kunstpreis der Stadt Zürich (2005), Gesamtwerkspreis der Schweizerischen Schillerstiftung (1991).

Lieder

S Lied vom Chäs

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Wär kennt das Land

wo alles us Chäs isch

alles zämen us Chäs?

D Hüser si us Chäs

d Schtrosse si us Chäs

d Böim si us Chäs

und d Blueme si us Chäs

d Tram si us Chäs

d Auto si us Chäs

d Chilche si us Chäs

und d Glogge si us Chäs

alles isch us Chäs, us Chäs, us Chäs!

Und d Mönsche träge

Mäntel us Chäs

hei Brüllen a us Chäs

und läse dermit

ihri Büecher us Chäs

voll Wörter us Chäs

über Sachen us Chäs

luege Film a us Chäs

i Kino us Chäs

löse Bileet us Chäs

für ne Schtadt us Chäs

us Chäs, us Chäs, us Chäs

Das giengt jo no

aber d Luft isch us Chäs

und s Wasser isch au us Chäs

d Wolke si us Chäs

d Sunnen isch us Chäs

der Mond isch us Chäs

und d Schtärne si us Chäs

d Öpfel si us Chäs

d Bire si us Chäs

d Milch isch us Chäs

und s Brot isch us Chäs

alles isch us Chäs, us Chäs, us Chäs

Und s Schlimmschten isch das

au d Lüt si us Chäs

und gäbe sech Küss us Chäs

hei es Härz us Chäs

und e Zungen us Chäs

hei e Schproch us Chäs

und Gedanken us Chäs

hei Gebätt us Chäs

zumene Gott us Chäs

hei Tröim us Chäs

wo si tröime, wie s wär

imene Land ohni Chäs

aber au die Tröim

si us Chäs

Magritte-Lied

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Schtellet ech es Schloss vor mit riesige Türm

und Fähne druff, wo flatteren im Wind

mit meterdicke Muuren und mit Scharten und Kanone

und eme Grabe zringelum gäge d Find

vo de Zinne luege d Wächter

wär’s vilicht dohi verschlöch

i den Erker sitze d Fraue

us de Fänschter luege d Chöch

Jetz dänket anes Clairon mit blächigem Ton

das schnäflet die Schtilli abenand

ei Ritter nach em andre rytet s Wägli duruf

i Bläch verpackt, e Lanzen i der Hand

s Tor goht uf und d Fallbrügg sänkt sech

drüber trogle Huf und Schueh

denn si si alli dinne

d Fallbrügg schtygt und s Tor goht zue

D Anahm, dass denn d Chöch vo de Fänschter verschwinde

die macht ech jetze sicher nümm so Müeh

und ebeso, dass d Frauen a de Huuben aföh fingere

und sech gleitig us den Erkerli verzieh

s Clairon us der 2. Schtrophe

macht sech nomol gross

s schmöckt nach brotne Söili

s isch so wyt, s Turnier goht los

Loset jetz, wie d Rüschtige chrosen und chlefle

und achtet ech uf s Trample vo de Ross

und jedesmol, wenn’s einen us em Sattel usejättet

denn zitteret vom Klatsche s ganze Schloss

so goht’s jetz es paar Schtunde

und denn isch s Turnier verby

druf chiemt es Riesefrässe

und das wär’s denn öppe gsi

Doch jetz, wo d Ritter ahnigslos i d Gottlett inebysse

luege mir emol im Schloss noh durabe

bis zur Ziehbrugg und em Chäller isch alls i der Ornig

und au Wasser het’s gnueg im ganze Grabe

aber lueget mol, was nochär chunnt

denn nimmt’s ech fasch der Schnuuf

s Schloss hangt frei im Himmel

der Fels hört eifach uf

E Choch, wo schnäll chli Luft schnappt, isch der Erscht, wo das merkt

e Schrei dur alli Gäng, denn gsehsch se cho

tief verschrockni Chöpf a allne Fänschter und Zinne

und denn schwebt die Feschtig langsam dervo

si verschwindet i de Wolke

und jetz heimer wider Rueh

eusi Zit isch schliesslech anders

und das Schloss ghört nid derzue

Uf eme Brüggli über d Autobahn

Uf eme Brüggli über d Autobahn z Köllike-Wescht

gseht me mängisch es paar Bueben uf de Velo obesitze

und sech lässig mit der einte Hand as Brüggligländer schtütze

und jede luegt uf d Schtross und isch der Bescht.

Si hocken uf de Sättel und bamble mit de Bei

die einte zelle d Auto und die andere zelle d Marke

und alli unterscheide scho die Schwache vo de Schtarke

und näme für die schnellere Partei.

Die einte zelle d Länder und die andere d Kantön

im Grund gnoh setten alli scho deheim sy, doch es reut se

denn luege si, wär besser breicht bim Obenabeschpöize

Appezäll isch sälten und Frankrych isch schön.

Si wüssen au genau, was wele Lärme macht

und rede nur vo Chläpf und vo Chären und Maschine

und hoffe, dass es einisch diräkt under ihne

so richtig gwaltig tschäderet und chracht.

Si mole sech’s no us, und derwile schtoht scho fescht

wär vo dene Buebe mol e Wage wird schtüüre

und bi däm Unfall sis Läbe mues verlüüre

undrem Brüggli über d Autobahn z Köllike-Wescht.

Geischterlied

Schwarze Chüejer!

Ysige Fürscht!

Sennetuntschi!

Schträgglen und Türscht!

Wo siter blibe?

Worum chömeter nümm?

Heiter Angscht vor eus?

Si d Zite so schlimm?

Mir chönntenech wider bruuche

zum s Läbe verschtoh!

Usen us de Löcher

dir sit doch no do!

Friesezug mit de 7000 Tote

schtöht doch mol uf d Pischte vom Flughafe Chlote

und winket allne Flugzüüg, bevor si wei lande!

D Aawohner wäre glaub yverschtande

Chuebuuch mit Augen us em Lüscher See

scho hundert Johr het di niemer meh gseh

chumm doch wider einisch cho luege, wie’s schtoht

und wie’s de Schwebebahnen und de Schiilift goht!

Refrain: Schwarze Chüejer ...

Wejerwybli vo der Salzschteilecki

worum sitzisch nid einisch ines Usglychsbecki

oder dräjsch e Turbinen inen anderi Richtig?

I weis nid, was du findsch, aber mi dunkti’s wichtig

Blaueschteiner Junker mit den Augen us Chole

i würdi di gärn wider zuenis hole

es längti scho, ämel was mi so betrifft

du schtündisch imene Hochhuus e Tag lang im Lift

Refrain: Schwarze Chüejer ...

Gchöpften us der Müli mit de Höllequale

worum schlarpisch nid dur ne Computerzentrale

und luegsch d Programmierer us dim Halsschtumpf chli aa?

I glaub, die fiengte wider mit Chopfrächnen aa!

Schteinige Hans vom Läberebärg

gang mol is nöchschten Atomchraftwärk

und hock es Wyli uf en Abschtellschalter

mei, die miechen Auge, i bi sicher, das gfallt der!

Brönnige Ma, wo durs Göü mues hetze

i wüsst der es Plätzli zum di Gränzschtei setze

s Autobahnchrüz vo N1 und N2

aber suber i d Mitti, süsch muesch wider hei!

Schwarze Chüejer!

Ysige Fürscht!

Sennetuntschi!

Schträgglen und Türscht!

Wo siter blibe?

Worum chömeter nümm?

Heiter Angscht vor eus?

Si d Zite so schlimm?

Mir chönntenech wider bruuche

zum s Läbe verschtoh!

Usen us de Löcher

dir sit doch no do!

Usen us de Löcher

dir sit doch no do!

Olten und Umgäbig

Wär im Byfang äne i d Schuel gangen isch

het gwartet, bis er is Froheim cha.

Bim Gämperli isch none Hilfsschuel gsi

und s Metzgertöchterli het Milchschorf gha.

Im Gaswärk unde het der Jutzeler gwohnt

a der Reiserschtross hingäge s Annemarie

wo der Vatter immer nume Charte gschribe het

und nie deheim isch gsi.

Im Mühletäli heimer tökterlet

uf de Säliflüeh heimer Füürli gmacht

vom Chessiloch simer d Aaren ab gschwumme

und is Gandria simer schpöter znacht.

I der Schützematt heimer Hochschprung gmacht

und am Sunndig nach der Chile der Hockeymatch gseh

vo der Gäubrugg isch men obenabe gchöpflet

weme zwölfi gsi isch oder meh.

Uf em Rumpel het’s im Winter e Schiilift gha

mit numen emen einzige Bügel dra

i der Miesere het men a d Finger gfrore

wenn d Bindig wider glödelet het gha.

Zum Rankbrünneli simer bi der Tour de Suisse

go luege wie der Koblet der Bärg ufechunnt

s Erlimoos duruf isch e Souhitz gsi

und uf d Froburg meh als e Schtund.

G’indianerlet heimer bim Galge hinde

und ir...