Prolog
Das Messer war abgerutscht.Autsch, so ein Mist! Hellrotes Blut schoss blitzartig aus der Kuppe ihres linken Zeigefingers und quoll in Millisekunden über ihre ganze Hand. Oh nein! Sie sprang von einem Bein aufs andere und zischte durch ihre Zähne. Schnell schmiss sie das blaue Schneidemesser zur Paprika auf das Brettchen und drehte den Wasserhahn auf. Das Blut floss augenblicklich mit dem festen Strahl in den Abfluss, als wäre es nie da gewesen. Puh! Das war noch mal gut gegangen.
Sie blieb einfach stehen und beobachtete, wie das Wasser weiter über ihre Hand strömte. Der Druck schmerzte inzwischen an der frischen Wunde. Warum habe ich nicht besser aufgepasst? Wirklich, sie war manchmal so unendlich blöd. Ganz kurz schloss sie ihre Augen und atmete tief durch.
Aber nein, was war das schon wieder? Der Ärmel ihres blau-weißen Streifenshirts war nun auch total nass. Sie presste den Stoff mit ihrer rechten Hand zusammen, drückte gleichzeitig mit ihrem Ellenbogen den Wasserhahn runter und schaute sich um. Wo war die Küchenrolle? Ach da! Sie hielt ihren blutenden Finger ausgestreckt über die Küchenzeile aus dunklem Naturstein und schritt nach links. Ganz an der Seite der riesigen Arbeitsplatte stand die Rolle aus Recyclingpapier, von der sie sich drei Blätter abriss und um ihren Finger wickelte. Mit der anderen Hand hielt sie den provisorischen Verband fest.
Mensch, an diesem Tag klappte aber auch gar nichts. Sie fühlte schon, wie sich wieder Tränen in ihren Augen sammelten, aber sie schluckte einfach und schaute stattdessen auf das wunderschöne Holzschild, das neben ihr an der Wand hing. Sie kannte die Zeilen darauf auswendig, aber trotzdem las sie sie immer wieder gern.
Wir sind eine ziemlich verrückte Familie.
Wir sind jeden Tag füreinander da.
Wir knuddeln gern und haben viel Spaß zusammen.
Wir lachen, und manchmal jubeln wir auch.
Wir zanken uns nicht und vergessen, was war.
Wir sind unsere Zukunft und blicken gelassen auf das, was kommen mag.
Was für ein schöner Spruch! Si