Freitag, 13.09.2019: Auf zum Viehscheid
»Tommi, jetzt zieh dich endlich an! Bist mit deine fünfzehn Jahre langsamer als mit fünfe im Kindergarten. Sogar die Belli ist mit ihre zehn Lenzen fixer als du, und die isch a Mädle!«, rief Egi um 07:05 Uhr seinem Sohn zu.
Egi, der Polizeihauptkommissar (PHK) Egon Huber, war heute sehr nervös. Ihn plagten seit Wochen schlimme Albträume, da der diesjährige Termin für den Alpabtrieb der Kühe (im Allgäu: Viehscheid) für Oberstdorf auf einen Freitag den 13. gelegt worden war. Heute war es also so weit, und Egi hoffte inständig, dass nichts passieren würde.
Seinen Sohn Tommi hingegen plagten andere Sorgen. Er kramte immer noch in seinem Kleiderschrank, er musste wie alle heute Tracht tragen. Und das hieß: eine Bundlederhose samt Hosenträgern mit aufgestickten Edelweißen, ein weißes Leinenhemd, dazu Haferlschuhe, Kniestrümpfe und ein Plüschhut mit Gamsbart. Als er dieses Outfit das letzte Mal vor Monaten getragen hatte, war er noch fünf Zentimeter kleiner gewesen, und genau das war an diesem Morgen sein Problem.
»Er kommt schon gleich runter, Brummerle. Räum doch schon einmal Lillis Buggy in den Kofferraum«, hörte Egi die Stimme seiner Angetrauten aus dem Treppenhaus.
Egis Golden Retriever Bruno lag beleidigt hinter dem Schirmständer neben der Haustür. Wenn es um den Abtrieb der Kühe von den Alpen ging, durfte er aus verständlichen Gründen nicht mit. Lilli, das Nesthäkchen von Egi und dessen Frau Elisabeth, der Elli, war mittlerweile anderthalb Jahre alt und lief aufgeregt in der Diele ihres Mehrgenerationenhäusles am Moorweiher herum. Sie hockte sich auf d