: Wolfgang Haupt
: Der algerische Hirte Kriminalroman
: Midnight
: 9783958190030
: 1
: CHF 2.40
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 288
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Juni 1984. Ein ermordeter Säufer hinterlässt Ratlosigkeit. Keine Anhaltspunkte, kein Motiv. Sein einziger Freund, ein Kommissar aus Saint-Lemis, einer kleinen Stadt in Südfrankreich, gerät unter Verdacht. Ein Verdacht, den er nicht entkräften kann, weil er jedwede Erinnerung an diese Nacht verloren hat. Zeitgleich tauchen immer mehr Männer in Anzügen auf. Sie suchen einen Gegenstand, den der Kommissar zu benötigen glaubt, um seine Unschuld zu beweisen. Es entbrennt eine Hetzjagd, die ihn über Korsika nach Algerien führt und ihn immer tiefer in die dunkle Vergangenheit seines Freundes blicken lässt. Einer Geschichte eines Soldaten, Doppelagenten und vor allem: eines Terroristen. 'Lesenswert und nichts für schwache Nerven.' 58hmk, vorablesen 'Wolfgang Haupt versteht es in 'Der algerische Hirte' die Leser mit seinen Worten zu fesseln - es gibt keine 'Durststrecken'. Absolut tolles und lesenswertes Buch, das jedem Thrillerfan sehr zu empfehlen ist!'- RubyKairo, lovelybooks.de

Wolfgang Haupt lebt und arbeitet in Salzburg. Auf seinem Weg von der Sprachwissenschaft, über Kommunikationswissenschaft und Anglistik bis hin zur Informatik hat sich der Blick auf und vor allem in die Menschen als spannendster Antrieb erwiesen. Reisen und das Interesse an fremden Kulturen und Sprachen haben in seinem Leben einen großen Stellenwert.

2


Eine seichte Brise ziehtüber die Dünen, als Pedro die Stellung mit dem schweren MG einnimmt. Auf ein Frühstück sollte er verzichten. Jacques, einer seiner Kameraden, hat ihm gesagt, dass er nur kotzen würde, wenn es richtig losgeht.

Pedro hat Stellung an einer erhöhten Position bezogen. Wenn einer herausrennt, soll er draufhalten, damit die anderen sehen, welche Folgen die Flucht hat. Erüberblickt die Hütten, die man an zwei Händen abzählen kann. Sie sehen aus wie halbierte Eierschalen aus Lehm, in die man mit der Hand behelfsmäßige Fenster geformt hat. Zwischen den Hütten befindet sich ein Brunnen. Dahinter ist nichts. Nur Wüste.

Pedro ist mit seiner Einheit in der Dunkelheit abgesprungen. Im Flugzeug konnte er die Morgensonne erkennen, die langsam Licht auf die Anhöhe warf. Unter anderen Umständen ein romantischer Anblick, doch Pedro kriecht nun ein Gefühl den Bauch hoch, das er sich zuvor nicht hatte vorstellen können.

Seine Einheit umfasst etwasüber zwanzig Mann. Die Hälfte davon sind Deutsche. Aus der Wehrmacht oder Waffen-SS. Einige davon kommen direkt aus Indochina. Pedro ist der jüngste und unerfahrenste der Männer. Deshalb hat ihn ein Deutscher unter die Fittiche genommen, ihn instruiert, was zu tun ist, wenn einer derbougnoules Schwierigkeiten macht. Er hat gefragt, was dieses Wort bedeutet. Der Deutsche hat entgegnet, dass er schon wissen werde, was es heißt, wenn er einen zu Gesicht bekomme.

Pedro liegt keine zwei Minuten in der Mulde am Rand der leichten Anhöhe, als das Konzert beginnt. Jeweils zwei Männer tänzeln im Schatten zu den Hütten. Einer wirft eine Handgranate in den Brunnen. Der Explosion folgen markdurchdringende Schreie aus der Tiefe. Ein Moment der Stille. Die wenigen Männer, die sich in den Hütten befinden, werden vor den Brunnen getrieben, die anderen Soldaten nehmen sich der Frauen und Kindern an, die in den Häusern verblieben sind.

Die Männer, die vor dem Brunnen stehen, sind nackt und versuchen, sich den Schritt zu verdecken, wovon sie die Soldaten immer wieder abhalten. Jeder, der die Hände senkt, bekommt einen Schlag mit dem Gewehrkolben in die Magengrube. Pedro hört das Weinen der Frauen und Kinder bis zur Anhöhe. Er versucht, dem Treiben keine Aufmerksamkeit zu schenken, und fixiert die Gegend dahinter. Falls sich einer aus dem Staub macht, ist er gefragt. Er legt das Gesicht auf den Kolben des schweren Maschinengewehrs und kneift das Auge zusammen.

Er schwenkt den Lauf hin und her, der erste Kopf rollt Richtung Brunnen. Er ist sehr klein und kaum behaart. Einem der Männer kommen die Tränen, er fällt schreiend auf die Knie und hält den Kopf in den Armen, als ob er ihn nie wieder loslassen würde. Er ignoriert die Schläge, die ihn am Rücken treffen, bis er bewusstlos zusammensinkt.

Ein Soldat führt das Kommando des Sergeanten aus und erlöst ihn von seinem Leid mit einem Schuss in den Hinterkopf. Pedro kämpft mit der Fassung und der hochkommenden Galle.

Er denkt an Jacques’ Rat und ist dankbar, dass er nichts im Magen hat. Nachdem er sich erleichtert hat, nimmt er das Dorf wieder ins Visier. Es sieht aus wie auf einem Schlachtfeld. Abgetrennte Gliedmaßen, Köpfe von Frauen und Kindern, begleitet von den Schreien des Gefangenenchors. Der Sergeant wandert vor der Linie der Algerier entlang. Die Arme hält er hinter dem Rücken verschränkt. Er bleibt stehen, stellt einem der Männer eine Frage und schießt ihm in dem Kopf, wenn die Antwort zu seinem Missfallen ausfällt. Das Ganze macht er, bis nur mehr zweiübrig sind. Er gibt den beiden ein Zeichen, dass sie laufen sollen. Pedro erfüllt seine Aufgabe. Er lädt durch und schießt sie mit einer gezielten Salve nieder.

Stille kehrt ein. Er sieht nur die Zeichen des Sergeanten, der sichtlich nicht mit Pedros Ausführung einverstanden ist. Er nimmt das schwere Maschinengewehr, Typ AA-52, das die Soldaten liebevollcinquante-deux nennen, schultert es und geht die Anhöhe hinab. Bis er die Worte verstehen kann, die ihm der Sergeant zu sagen hat.

»Nur wenn sie flüchten, verdammt. Man muss welcheübrig lassen, sonst lernen sie nie dazu.«

Das Brummen des Matford-Lkw, derüber den Wüstenboden holpert, brennt sich in Pedros Gehirn. Er sieht zu Jacques hinüber, der ihm ein Lächeln schenkt und dann weiter auf die Ladefläche starrt. Ihm fällt Jacques’ Blässe auf. Er ist still geworden. Pedro reißt ein paar Witzeüber die getöteten Algerier, beobachtet Jacques’ knabenhafte Erscheinung aus dem Augenwinkel, die sich am Gewehr festhält und komplett in Gedanken versunken scheint.

Es dauert keine halbe Stunde, bis das Holpern des Matford aufhört. Pedro springt ab, versorgt dascinquante-deux und geht etwas essen.

Eine herbe Note hat sich unter das Couscous gemischt. Es ist nicht das erste Essen, das der Koch verdorben hat. Fleisch ist eine Rarität und wenn, dann eher von mäßiger Qu