7. Sternberg erwartete ihn
Sternberg erwartete ihn auf dem Bahnhof. Er trug einen langen schwarzen Mantel. Den Kragen hatte er hochgestellt. Sie begrüßten sich nur knapp, dann brachte Sternberg ihn zu seinem Wagen, einem schwarzen 5erBMW.
»Wir fahren zuerst zu meiner Schwester.«
Dengler nickte und ließ sich auf den Beifahrersitz fallen. Ihn störte die Einsilbigkeit Sternbergs nicht. Er betrachtete den Mann hinter dem Steuer desBMW. Sternberg starrte auf die Straße vor ihm. Unter seinen Augen bemerkte Dengler dunkle Ringe. Die Mundwinkel hingen noch tiefer als gestern. Was immer der Mann inzwischen erlebt haben mochte, seine Laune hatte es nicht verbessert.
Der lange schwarze Mantel sah teuer aus und künstlerisch leger zugleich. Die schwarzen knöchelhohen Schnürstiefel waren neu und exklusiv. Was immer dem Mann an seinem Leben nicht behagte – fehlendes Geld konnte es nicht sein.
Sie fuhren durch den Ort, der sich entlang der Bundesstraße 10 streckte, und als die Häuser aufhörten, wies ein Schild nach rechts zum Industriegebiet Säulenhalde. Sternberg setzte den Blinker.
Wenig später bog er in den Hof einer Fabrik ein.Sternberg Befestigungstechnik las Dengler auf der Giebelseite eines modernen Bürohauses. Er bedauerte, von Sternberg keinen höheren Stundensatz verlangt zu haben.
Vorsichtig rollte derBMW auf einen Parkplatz vor dem Eingang des Gebäudes. »Reserviert für die Geschäftsleitung«, stand in schwarzen Lettern auf einem weißen Metallschild.
Sternberg zog den Schlüssel ab und sah Dengler an.
»Wir sind da«, sagte er.
Sie stiegen aus.
»Guten Tag, Herr Sternberg!« Die Frau im Glaskasten des Empfangs grüßte freundlich.
Sternberg nickte nur kurz und stieg die Treppe hinauf in den ersten Stock. Dengler folgte ihm. Sie gingen durch einen langen Flur. Schließlich trat Sternberg in eines der Büros, ohne anzuklopfen.
»Ist mein Schwesterherz frei?«, fragte er eine Frau in einem ockerfarbenen Hosenanzug.
Die Frau blickte auf und sah dann zu Georg Dengler.
»Sie wartet schon auf dich«, sagte sie und wies mit dem Daumen zu einer aufwändig gepolsterten Tür, die halb offen stand.
***
Ilona Sternberg trug Trauer.
Sie saß hinter einem geschwungenen, modern gehaltenen, ausladenden Schreibtisch. Als ihr Bruder und Georg Dengler das Büro betraten, stand sie auf und kam ihnen entgegen. Dengler registrierte das elegante schwarze Kostüm, dessen Rock eine Handbreit über dem Knie endete und ihre schlanken Beine betonte. Die schwarze Bluse ließ die Ränder eines Spitzen-BHs durchscheinen. Ihr Gesicht blickte ihn wach und mit Interesse an. Ihre Haare waren schulterlang und schwarz, doch in der Mitte, wie ein Scheitel, zog sich eine graue, fast weiße Strähne. Trotzdem: Von den beiden Geschwistern war sie offensichtlich die Jüngere. Dengler schätzte sie auf Mitte dreißig.
Sie lächelte.
Als ob sie sich tatsächlich freut, mich kennen zu lernen.
Sie gab ihm die Hand mit einem angenehm entschlossenen Händedruck. Die Frau schien zu wissen, was sie wollte. Ihren Bruder ignorierte sie.
Mit einer Handbewegung bat sie die Männer, sich an den Tisch am Fenster zu setzen.
Die Sekretärin mit dem ockerfarbenen Hosenanzug erschien und stellte einen doppelten Espresso vor ihn hin.
»Ist das