: Gregor Haas
: Der Tod in Wien
: novum premium Verlag
: 9783903861480
: 1
: CHF 10.00
:
: Erzählende Literatur
: German
: 96
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Der Tod stellt den Sinn seines Lebens infrage. Er fristet sein ewig gleichbleibendes Dasein und waltet seines eintönigen Amtes. Er trauert alten Zeiten nach, während die Gegenwart ihn mehr und mehr in die Depression und ins Burnout treibt. In seiner Wiener Amtsstube unterlaufen dem Tod immer mehr Fehler, sodass er ein Motivationscoaching besuchen muss. Doch alles scheint hoffnungslos für ihn und die drei wunderschönen, aber grauenhaften Schicksalsschwestern wollen seinen Platz einnehmen. Der Tod muss sich zusammenreißen, denn durch seinen Ausfall droht der freie Wille der Menschheit zu fallen. Der egozentrische Motivationscoach Maché, der sein Leben selbst kaum im Griff hat, soll helfen. Sie besiegeln einen Deal, der nicht nur sie selbst, sondern die ganze Welt verändern kann...

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Es ist die Zeit von sagenumwobenen Helden und allmächtigen Göttern, in der längst vergangenen Antike. Heerscharen von Untertanen zogen in den Krieg, um ihren Göttern zu huldigen und sie zu preisen. Als Sperrspitze, allen voran, waren es oft die Helden, die über das Schicksal von ganzen Völkern bestimmten.


So wie bei diesem Helden in Griechenland, dort irgendwo, in einem ausgetrockneten, noch namenlosen Flussbett. Ein einzelner Held, der sich einer Übermacht entgegenstellt, bereit dafür, sein Schicksal in die Hände der Götter zu legen.


Der Schweiß rinnt an seinem wie aus Marmor gemeißeltem Gesicht herunter, weiter über seine enge, spärliche Lederrüstung. Seine muskelbepackten Oberarme glänzen durchnässt in der Sonne. In der Hand hält der Held sein mächtiges Schwert fest umklammert und lässt seine Muskeln noch gewaltiger hervortreten, als sie dies ohnehin schon tun. Mit dem aufmerksamen und entschlossenen Blick eines Falken schaut er auf die Übermacht vor sich.


Die ganze Verantwortung für Sieg oder Niederlage lastet nun ganz alleine auf seinen breiten Schultern. Ganz alleine auf seinen? Nein, denn was der Held nicht weiß, ist, dass er auf die Unterstützung eines mächtigen Gottes zählen kann.


Hinter dem Helden steht ein in etwa sechsundfünfzig Jahre alter, unscheinbarer, aber gepflegter Mann. Er ist komplett in weißes Leinen gekleidet.


Es ist niemand geringerer als der Tod höchstpersönlich. Der Tod liebt diese Momente, wenn sich alles auf einen glorreichen Augenblick zuspitzt.


Die Schlacht beginnt. Eine Horde von feindlichen Soldaten läuft mit Kampfgebrüll auf den Tod und den Helden zu.


Der Tod lässt seine feingliedrigen Finger knacksen und lächelt.


„Lasst die Spiele beginnen.“


Unsichtbar für die Sterblichen rennt der Tod, dicht gefolgt vom Helden, auf den ersten feindlichen Soldaten zu. Im Martial-Art-Stil taucht der Tod unter der Klinge des Soldaten hindurch und berührt ihn leicht dabei. Der Held pariert gleich darauf die Klinge des zuvor berührten Soldaten. Der schnelle Konter mit dem Schwert des Helden lässt dem feindlichen Soldaten keine Chance auf ein Überleben.


Der Tod wütet unter den Soldaten, abwechselnd im Vordergrund und dann blitzschnell im Hintergrund und wieder zurück. Kurz nach den Berührungen durch den Tod wird der erste Soldat vom Schwert des Helden niedergestreckt. Der Held nimmt den Speer des gefallenen Gegners und wirft ihn mit fast übermenschlicher Kraft in den zuvor berührten Soldaten im Hintergrund und besiegelt damit ein weiteres Schicksal.


Der Tod hält kurz inne. Glücksgefühle und Euphorie durchströmen seinen Körper. Erleichtert atmet er aus, bevor er als schneller, verschwommener Schatten sich auf die nächste arme Seele vor ihm stürzt.