: Jörg Maurer
: Schwindelfrei ist nur der Tod Alpenkrimi
: S. Fischer Verlag GmbH
: 9783104031651
: Kommissar Jennerwein ermittelt
: 1
: CHF 9.00
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 432
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Kult-Kommissar Jennerwein im Höhenflug: der achte Alpenkrimi von Bestseller-Autor Jörg Maurer steigt bis zum Gipfel. Hoch über dem idyllisch gelegenen Kurort schwebt ein wunderschöner Heißluftballon. Doch ganz plötzlich ist er verschwunden. Vom Winde verweht? Abgestürzt? Oder explodiert? Kommissar Jennerwein und sein Team ermitteln auf windigen Gipfeln und bei aufgeblasenen Lokalprominenten. Doch Jennerwein wirkt bei der Spurensuche merkwürdig unkonzentriert, geradezu abgelenkt. Seit langem besucht er heimlich einen mysteriösen Unbekannten im Gefängnis. Was mag der verbrochen haben? Und warum sucht Jennerwein den Rat des Bestatterehepaars a.D. Grasegger? Da taucht der Unbekannte auf einmal im Kurort auf, und Jennerweins gesamte Existenz droht wie ein Ballon zu zerplatzen...

Jörg Maurer liebt es, seine Leserinnen und Leser zu überraschen. Er führt sie auf anspielungsreiche Entdeckungsreisen und verstößt dabei genussvoll gegen die üblichen erzählerischen Regeln. In seinen Romanen machen hintergründiger Witz und unerwartete Wendungen die Musik zur Spannungshandlung.All dies hat Jörg Maurer auch schon auf der Bühne unter Beweis gestellt. Als Kabarettist feierte er mit seinen musikalisch-parodistischen Programmen große Erfolge und wurde dafür mehrfach ausgezeichnet, bevor er sich ganz dem Schreiben widmete. Seine inzwischen fünfzehn Jennerwein-Romane sind allesamt Bestseller. Sein Roman »Shorty« war ebenfalls erfolgreich.Jörg Maurer lebt zwischen Buchdeckeln, auf Kinositzen und in Theaterrängen, überwiegend in Süddeutschland.

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Dieser Augusttag war der klebrigste und heißeste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Eine der Prachtalleen der Landeshauptstadt, die sonst so geschäftige Prinzregentenstraße, lag da wie eine zertretene Spaghettinudel. Von der nahe gelegenen Bierbrauerei wehte fetter, süßlicher Hopfengeruch, und aus einem der offenen Fenster dudelte der SommerhitChirpy Chirpy Cheep Cheep. Eine junge Frau mit schwarzglänzenden langen Haaren stand an der Spüle und wusch Porzellanteller, im Hintergrund prangte das unvermeidliche Che-Guevara-Poster. Sie drehte das Küchenradio lauter, wippte mit den Hüften im Takt und biss in eine trockene Brezel vom Vortag. Irgendetwas lag in der Luft. Irgendetwas musste jetzt passieren.

 

Die Frau trat ans Fenster und blickte hinunter auf die Straße. Gegenüber der Deutschen Bank hatte sich eine Menschenansammlung in doppelter Schulklassengröße gebildet, und alle starrten gebannt und bewegungslos auf die Eingangstür. Dann ertönten Polizeisirenen, zunächst noch ganz fern und leise, doch als sie sich näherten, kam Unruhe in die gaffende Menge.

»Endlich!«, stieß ein Mann mit Trachtenjanker hervor. »Endlich kommens!«

»Ist ja auch Zeit geworden!«, entgegnete sein Nachbar. Er trug einen viel zu kleinen Hut. Das verlieh seinem ohnehin nicht pfiffigen Gesicht einen dümmlichen Zug. Trotzdem. In diesem Fall hatte er recht. Ein paar Umstehende nickten zustimmend. Väter schulterten ihre quengelnden Kinder zwecks besserer Sicht, einer schoss ein Polaroid-Foto. Doch niemand zückte sein Handy. Niemand zückte sein Handy? Natürlich nicht, es war der 4. August des Jahres 1971.

 

Das Polizeiauto bog schrill quäkend um die Ecke. Es war überraschend klein, viele stöhnten enttäuscht auf, sie hatten einen geräumigen Bus erwartet, eine imposante Grüne Minna, die die Verbrecher verschlucken und erst im Gefängnishof wieder ausspucken würde. Aber es war lediglich einVW-Käfer, der hier eine Vollbremsung hinlegte. EinVW-Käfer? Wie gesagt: 1971. Einige schlugen die Hände vor den Mund und schnappten nach Luft, weil sie befürchteten, dass er umkippte, zwei Reifen hingen bereits in der Luft. Doch dann kam der Wagen endlich zum Stehen. Viele der Zuschauer klatschten und johlten. Das leiernde Martinshorn verstummte, das Blaulicht erlosch flackernd. Einen bösen Gedanken lang geschah nichts. Schließlich sprangen die Türen auf, zwei Uniformierte mit Schirmmützen und in speckigen Lederjacken schossen rechts und links heraus und warfen sich bäuchlings auf den staubigen Asphaltboden. Dort blieben sie in unbequem gekrümmter Haltung liegen, mit einer Hand an der Dienstwaffe, und brüllten sich unverständliche Befehlslaute zu, zerhackte Fetzen polizeilicher Anweisungskürzel – Kauderwelsch, das nach Gefahr, Gewalt und Panik klang. Aber die Menge war zufrieden. Die Polizei war ja da. Das war die Hauptsache.

 

»Papa, was ist denn das?«

»Ein Bankraub, du Dummerl!«

Der kleine Kasimir starrte auf die Beamten in den speckigen Lederjacken, die ein paar Schritte vor ihm am Boden kauerten. Er war sich unsicher, ob nicht das die Bankräuber waren. Aber er wollte nicht nachfragen und dadurch blöd dastehen. Ein Bankraub, das war was für Erwachsene, da fragte man besser nicht weiter. Auf der anderen Seite der Straße, vor dem Feinkostgeschäft, bauten Pressefotografen ihre Klappstühle und Geräte auf. Kriminalberichterstatter ließen spitze Bleistifte über den Stenoblock rasen und notierten erste Eindrücke: trügerische