: Bernhard Kellermann
: Romane der Technik - Trilogie (Der Tunnel. Die Stadt Anatol. Das Blaue Band)
: Books on Demand
: 9783754361122
: 1
: CHF 2.40
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: Hauptwerk vor 1945
: German
: 1444
: kein Kopierschutz
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Sammelband mit den Werken der Romane-der-Technik-Trilogie · Der Tunnel · Die Stadt Anatol · Das Blaue Band

Bernhard Kellermann lebte von 1879 bis 1951 und war ein deutscher Schriftsteller.

ner Temperatur von zwölf Grad Kälte, Bündel von Dollarscheinen in den Händen, tollkühn mitten in den endlos heranrollenden Strom wütend donnernder Wagen. Sie schwangen sich auf die Trittbretter, Führersitze und selbst Dächer der Cars und versuchten das Schnellfeuer der Motoren mit ihren heiser heulenden Stimmen zu überbrüllen. »Here you are! Here you are! Zwei Parkettsitze, zehnte Reihe! Ein Logenplatz! Zwei Parkettsitze …!!« Ein schräger Hagel von Eiskörnern fegte wie Maschinengewehrfeuer auf die Straße nieder.

Sobald ein Wagenfenster klappte – »Hierher!« – warfen sie sich blitzschnell wie Taucher wieder zwischen die Wagen. Während sie aber ihr Geschäft abschlossen, Geld in die Taschen stopften, gefroren ihnen die Schweißtropfen auf der Stirn.

Das Konzert sollte um acht Uhr beginnen, aber noch ein Viertel nach acht warteten unabsehbare Reihen von Wagen darauf, bei dem in Nässe und Licht schreiend rot leuchtenden Baldachin vorzufahren, der in das blitzende Foyer des Konzertpalastes hineinführte. Unter dem Lärm der Billetthändler, dem Knattern der Motoren und Trommeln der Eiskörner auf dem Baldachin quollen aus den einander blitzschnell ablösenden Cars immer neue Menschenbündel hervor, von den dunklen Mauern der Neugierigen mit stets neuer Spannung erwartet: kostbare Pelze, ein funkelndes Haargebäude, aufsprühende Steine, ein seideglänzender Schenkel, ein entzückender weißbeschuhter Fuß, Lachen, kleine Schreie …

Der Reichtum der 5. Avenue, Bostons, Philadelphias, Buffalos, Chicagos füllte den pompösen, in Lachsrot und Gold gehaltenen, überhitzten Riesensaal, der während des ganzen Konzerts von Tausenden von hastig bewegten Fächern vibrierte. Aus all den weißen Schultern und Büsten der Frauen stieg eine Wolke betäubender Parfüme empor, zuweilen ganz unvermittelt von dem nüchternen und trivialen Geruch von Lack, Gips und Ölfarbe durchsetzt, der dem neuen Raum anhaftete. Scharen und Aberscharen von Glühlampen blendeten aus den Kassetten der Decke und Emporen über den Raum, so gleißend und grell, daß nur starke und gesunde Menschen die Lichtflut ertragen konnten. Die Pariser Modekünstler hatten für diesen Winter kleine venezianische Häubchen lanciert, die die Damen auf den Frisuren, etwas nach hinten gerückt, trugen. Gespinste, Spinngewebe aus Spitzen, Silber, Gold, mit Borten, Quasten, Gehängsel aus den kostbarsten Materialien, Perlen und Diamanten. Da aber die Fächer unausgesetzt vibrierten und die Köpfe stets in leichter Bewegung waren, so glitt fortwährend ein Glitzern und Flimmern über das dichtgedrängte Parkett, und hundertfach sprühten gleichzeitig an verschiedenen Stellen die Feuer der Brillanten auf.

Über diese Gesellschaft, ebenso neu und prunkvoll wie der Konzerts