: Antonia Salomon
: Die Heilerin vom Strahlenfels
: beHEARTBEAT
: 9783732568918
: 1
: CHF 4.00
:
: Historische Romane und Erzählungen
: German
: 431
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Eine starke Frau kämpft gegen das Schicksal und für ihre Bestimmung ... Nürnberg, 1509. Katharina von Velden ist nicht nur Herrin der Burg Strahlenfels, sondern auch eine begnadete Heilerin. Doch heilkundige Frauen sind der Kirche ein Dorn im Auge - immer mehr werden der Hexerei bezichtigt und brutal gefoltert. Zu ihren unbarmherzigsten Verfolgern gehört der Päpstliche Inquisitor Bonifatius. Als er der schönen Katharina zum ersten Mal begegnet, fühlt er sich stark zu ihr hingezogen. Doch seine verbotene Begierde schlägt in blinden Hass um, als sie ihn voller Verachtung zurückweist. Fortan steht für den Inquisitor fest: Die Heilerin muss brennen - koste es, was es wolle ... Unterhaltsam und kenntnisreich: Von der Heilkunst und Kräuterkunde bis hin zu den Gräueltaten der Hexenverbrennung lässt Antonia Salomon das späte Mittelalter am Schicksal der Heilerin Katharina lebendig werden. eBooks von beHEARTBEAT - Herzklopfen garantiert.

Antonia Salomon hat zuerst Medizin und dann Literaturgeschichte und Sprachen studiert. Bevor sie freiberufliche Übersetzerin und Lektorin wurde, war sie u.a. als Journalistin tätig. In ihrem historischen Roman 'Die Heilerin vom Strahlenfels' thematisiert sie auch die Selbstheilungskräfte der Natur, die sie schon seit ihrer Kindheit faszinieren.

III.


Es war ein klarer, lichterfüllter Januarmorgen. Katharina trat vor die Tür und bemerkte, dass die Sonne an diesem Tag ganz besonders hell in den Burghof schien und alle Farben zum Leuchten brachte: Der frisch gefallene Schnee glitzerte in einem golddurchwirkten Weiß, die Hauben auf den dunkelbraunen Bäumen und den roten, gelben und schiefergrauen Mauern sahen aus wie Zuckerguss und funkelten golden, und der winterharte Efeu an der Burgmauer erstrahlte in einem tiefen Smaragdgrün. Und über allem erhob sich ein makellos blauer Himmel.

Katharina blieb einen Moment lang lächelnd stehen, um das winterliche Farbenspiel zu genießen und zu beobachten, wie die hungrigen Vögel an den nachtblauen, roten und gelben Beeren der Büsche pickten, die sie zu diesem Zweck an die Schutzmauer der Burg gepflanzt hatte. Es war ein ganz besonderer Tag, dachte sie, ein Freudentag.

Summend ging sie zurück in die Küche und stellte sich neben ihre Magd Helga an den Herd, in dem ein Feuer prasselte. Darauf stand ein glänzender, bauchiger Kupferkessel, in den Helga klein geschnittene Rüben, Möhren, Sellerie, Pastinaken, Schalotten und Lauch geworfen hatte, die nun leise vor sich hin köchelten. Katharina dachte voller Dankbarkeit an ihre Mutter und die Benediktinerinnen im Kloster St. Marien, von denen sie ihr umfangreiches Wissen über die Nahrhaftigkeit und die Heilkraft der einzelnen Gemüse- und Getreidesorten, der Kräuter, Öle und Gewürze hatte. Durch beständiges Ausprobieren hatte sie sich Rezepte für wohlschmeckende Alltagsspeisen zusammengestellt, die darüber hinaus auch eine heilende Wirkung besaßen.

Sie blickte auf das im Kessel wellende rote, grüne, gelbe und weiße Gemüse – eine Farbmischung, die, wie sie herausgefunden hatte, eine ideale Zusammensetzung von Nahrungsmitteln ergab. Sie dachte an die harntreibende, reinigende Kraft des weißen Sellerie, der die auswurffördernde, herz- und darmstärkende und wurmaustreibende Wirkung des grünen Lauchs und der außen rötlichen, innen gelben Möhren sinnvoll ergänzte. Wie zur Bestätigung schloss sie die Augen und sog den würzigen Duft tief ein. Dann trat sie zum Regal, auf dem ein großer Topf mit Hirse stand, und hob den Deckel. Sie tauchte eine mittelgroße Schüssel hinein und füllte sie, schüttete die Hirse in den Kessel und nickte der Magd zu, die daraufhin das Ganze mit einem langen Holzlöffel umrührte.

Die Freifrau ging zum Küchentisch und bückte sich kurz, um Helgas Kindern, dem einjährigem Sohn und der dreijährigen Tochter, zuzulächeln, die auf einer Decke unter dem Tisch mit Holzklötzchen spielten. Thassilo und Katharina gestatteten ihrem Gesinde, ihre Kinder auch während der Arbeit in der Burg in ihrer Nähe zu haben. Katharina richtete sich wieder auf, füllte einen Becher bis zur Hälfte mit Olivenöl, nahm eine Schale mit getrockneten und klein geschnittenen Kräutern – Petersilie, Majoran, Giersch, Löwenzahn, Wegerich, Oregano, Minze, Thymian, Lavendelblüten – vom Tisch und ging damit zum Herd, um alles in den Kessel zu schütten. Anschließend fügte sie noch etwas Pfeffer, Gelbwurzpulver und Salz hinzu, ließ Helga ein letztes Mal umrühren und bedeckte die Suppe zum Garen mit einem Deckel. Der würzige Duft der Suppe erfüllte inzwischen die ganze Küche.

»Ich habe Hunger!«, rief die dreijährige Ruth.