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Schon komisch, dass Papa mir gegenüber in seinem Sessel sitzt, ein Glas von seinem Lieblingswhisky in der Hand, und obendrein in dem Anzug, in dem wir ihn beerdigt haben. Draußen gewährt die Wintersonne den Bewohnern Montevideos eine kleine Erholungspause, und die Mütter sind sofort auf die Straße raus, mit der einen Hand den Kinderwagen vor sich herschiebend, an der anderen Hand das schon größere Kind hinter sich herzerrend. Die Welt lebt auf, zeigt ihr schöneres Gesicht. Und ich sitze hier drinnen, in meine Wohnung eingeschlossen, und unterhalte mich mit einem Toten.
Wie konnte es so weit kommen? Ganz einfach, eines Tages habe ich gehört, dass sich der Schlüssel im Schloss dreht, und da war er. Die Beerdigung war nicht mal eine Woche her, ach was, keine drei Tage.
Ich weiß, gleich wird er aufstehen und noch einen Eiswürfel in sein Glas fallen lassen, um den Whisky zu strecken. Ich wende den Blick ab, ich will ihn nicht sehen, lieber die Sonne, die im Fluss versinkt und dabei die schönsten Rottöne hervorzaubert.
Er wird mich anschauen, sich räuspern, damit ich ihm meine Aufmerksamkeit zuwende, und schon jetzt spüre ich, dass ich nicht die Kraft habe, mir sein Gemäkel an meinem Verhalten anzuhören. Was für ein Verhalten? Völlig egal, er hat an allem etwas auszusetzen.
Ich kann machen, was ich will, ich kann mich noch so sehr anstrengen, um ihn zufriedenzustellen, Papa findet immer etwas, das er mir vorhalten, auf das er mich mit der Nase stoßen kann. Ob ich einen Preis für meine Übersetzung von Camus’Die Pest bekommen oder mir die Beute aus einem Überfall auf einen Geldtransporter unter den Nagel gerissen habe – für ihn habe ich so oder so versagt.
Bloß nicht überrumpeln lassen, darum: Angriff ist die beste Verteidigung!
»Nur dass du es weißt, Papa, heute Morgen habe ich mir die Kohle von dem Überfall auf den Geldtransporter geschnappt. Ich bin hin, hab das Kommando übernommen, und zuletzt bin ich mit einem Auto mit der gesamten Beute drin abgehauen.«
Er wird sich wieder in seinem Sessel niederlassen und mich lange schweigend ansehen. Dann wird er den Blick auf die goldbraune Flüssigkeit in seinem Glas richten und leise die Eiswürfel klimpern lassen. Und dann wird er seufzend die Lider runterklappen.
Ich recke das Kinn und sehe ihn herausfordernd an, wie früher, als