: Marie Merburg
: Wellenglitzern Ein Ostsee-Roman
: Verlagsgruppe Lübbe GmbH& Co. KG
: 9783732530946
: Rügen-Reihe
: 1
: CHF 8.10
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 430
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB

Frisch getrennt kommt Sophie nach Rügen, um sich einen Traum zu erfüllen: Segeln lernen. Doch sowohl ihr Noch-Ehemann als auch der Segelkurs machen ihr ganz schön zu schaffen. Wie soll sie denn auch ihr nicht vorhandenes Segeltalent ausbauen, wenn sie gleichzeitig ihrem Ex am Telefon erklären muss, dass sie nicht mehr für die Beschaffung seiner Lieblingsleberwurst zuständig ist? Zum Glück findet Sophie auf der idyllischen Ostseeinsel neue Freundinnen, die ihr unter die Arme greifen. Und auch ihr attraktiver Segellehrer gibt seine Katastrophenschülerin nicht so schnell auf ...



Marie Merburg ist zwar im Süden Deutschlands aufgewachsen und lebt auch heute noch mit ihrer Familie in Baden-Württemberg. Doch die raue Küste der norddeutschen Landschaft hat sie schon immer fasziniert. Dieser Sehnsucht verleiht sie nun in ihrem Roman Wellenglitzern Ausdruck und lässt ihrer Heldin bei einem Segelkurs salzige Meerluft um die Nase wehen.

1. Kapitel


Es war schrecklich, einfach schrecklich.

Vor mir lag die pure Idylle: Ein romantisches Bauernhaus mit Reetdach und weißen Sprossenfenstern, die Vögel zwitscherten, Rosensträucher und Sanddorn rahmten den Garten ein. In Kübeln neben dem Kiesweg zur Haustür blühten Margeriten und Hortensien, ein Windspiel gab glöckchenartige Töne von sich, und im Licht der Abendsonne lud ein blau-weiß gestreifter Strandkorb zum Ausruhen ein. Eine geschnitzte Holztafel neben dem Gartenzaun hieß mich herzlich willkommen in der Pension ›Meeresruh‹.

Ich fuhr über meine geschwollenen Augenlider, putzte mir die Nase und zupfte meine widerspenstigen Haare zurecht. Es änderte nichts – ich war hier so fehl am Platz wie ein Furunkel an Heidi Klums Hintern. Ein verheulter Trauerkloß inmitten dieses wundervollen Paradieses. Irgendwie fühlte ich mich durch die schöne Umgebung nur noch schlechter. Ich schniefte.

Der Taxifahrer, der mich vom Bahnhof zur Pension gefahren hatte, warf mir einen mitleidigen Blick zu und tätschelte meine Schulter.

»Wird schon wieder!«, murmelte er.

Da ihm während der Fahrt kein einziges Wort über die Lippen gekommen war, wandte ich mich überrascht zu ihm um. Es musste schlimm um mich stehen, wenn selbst ein zurückhaltender Inselbewohner sich zu einer Äußerung des Mitgefühls hinreißen ließ.

»Danke!«, erwiderte ich hastig, doch er war schon wieder eingestiegen und fuhr davon.

Da stand ich nun mutterseelenallein mit meinem Koffer im hübschen Vorgarten einer Pension in Glowe, einem Dorf im nordöstlichen Zipfel der Insel Rügen. Mein Leben lag zerstört hinter mir, und meinen Kater Prinz Charles hatte ich in der Obhut meines Mannes dem sicheren Tod überlassen. Ich war ein schreckliches Frauchen, ach was, ein schrecklicher Mensch, durch und durch egoistisch, herzlos, unberechenbar und …

Mein Handy klingelte, und ich zuckte erschrocken zusammen. Eigentlich hatte ich gehofft, die Errungenschaften der modernen Technik wären noch nicht bis in dieses entlegene Dörfchen vorgedrungen, aber mein Handy zeigte einwandfreien Netzkontakt an. Das hatte zwar den Vorteil, dass ich meine depressive Stimmung notfalls mit wahllosem Internetshopping verbessern konnte, doch wenn ich für alle erreichbar war, würde mein Versuch, vor allen Problemen zu fliehen, sehr viel schwieriger werden.

Meine beste Freundin Annika hielt sich gar nicht erst mit einer Begrüßung auf. »Sophie, ich wette, dass du dich gerade im Selbsthass suhlst und dir einredest, du wärst der schlechteste Mensch, den die Welt je gesehen hat, stimmt’s?«, fragte sie in besserwisserischem Tonfall. »Und als wäre das noch nicht schlimm genug, bist du vermutlich immer noch gänzlich ungeschminkt und hast zwei verschiedene Paar Socken an.«

Ich kontrollierte schnell meine Socken. Verflixt, Annika hatte tatsächlich recht!

»Lässt du mich etwa durch einen Privatdetektiv überwachen?«

Ich blickte mich unwillkürlich nach allen Seiten um. Annika traute ich alles zu. Was Verrücktheiten anbelangte, konnte ihr keiner das Wasser reichen.

»Ich weiß, wie du in sämtlichen Lebenslagen aussiehst, Schatz! Schließlich kennen wir uns seit