: Sofia Caspari
: Der Duft des tiefblauen Meeres Kroatien-Roman
: Verlagsgruppe Lübbe GmbH& Co. KG
: 9783732556533
: 1
: CHF 8.10
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 429
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB

eutschland, Gegenwart: Nach der schmerzlichen Trennung von ihrem Freund reist Pia Sommer einer Eingebung folgend nach Kroatien. In das Land, in dem ihr Großvater einst vor Jahrzehnten so glückliche Zeiten verbracht hat.Auf der Insel Cres lernt Pia den charmanten Winzer Goran kennen. Doch als er sie auf sein Weingut einlädt, bringt seine Familie der jungen Deutschen überraschend große Ablehnung entgegen, denn Gorans Onkel verschwand vor über fünf Jahrzehnten spurlos in Deutschland ...



Sofia Caspari, geboren 1972, reist leidenschaftlich gerne. Sie hat mehrere große Reisen nach Mittel- und Südamerika unternommen, wo auch ein Teil ihrer Verwandtschaft lebt. Nach Stationen in Irland und Frankreich lebt sie mit ihrem Mann und ihren zwei kleinen Söhnen in einem Dorf im Nahetal. Im Urlaub zieht es ihre Familie regelmäßig ans Meer, sei es Mittelmeer, Pazifik, Atlantik oder Nordsee. Mit ihren Figuren bricht Sofia Caspari stets in fremde Ländern und zu neuen Ufern auf.

Sechzigerjahre


Ein gutes Stück des Weges war Zlata vollkommen allein gewesen. Es war noch sehr früh am Morgen, nur das Gezwitscher der Vögel und die eigenen schnellen Schritte auf dem steinigen Untergrund, die sie von ihrem Elternhaus in Richtung Hafen führten, zerrissen die Stille. Die Luft war frisch, vom Meer her wehte eine leichte Brise. Ein Hahn stakste ein Stück am Wegrand neben ihr her, plusterte sich auf und entließ ein Krähen in den sich langsam aufhellenden, von rosa- und lilafarbenen Wolkenfetzen überzogenen Morgenhimmel. Nach und nach standen die Häuser dichter, ab und zu fiel nun ein Lichtschein auf den Weg. Eine Frau kam ihr entgegen, sie grüßten einander, und Zlata wusste, dass diese Begegnung spätestens zum Frühstück Gesprächsthema sein würde. Aber darüber wollte sie jetzt nicht nachdenken.

Sie zog die hellgraue Strickjacke enger um die Schultern, beschleunigte ihre Schritte, um so rasch wie möglich Abstand zwischen sich und ihr Elternhaus zu bringen, doch sie gab acht, dass sie nicht in der Morgendämmerung stolperte und sich womöglich den Fuß verstauchte. Dann wäre alles umsonst gewesen.

Als sie das Bett verlassen hatte, um zur Tür hinauszuschleichen – kaum fünf Minuten schien das her zu sein –, da hatte sie befürchtet, ihre Mutter würde von ihrem laut hämmernden Herzen geweckt werden. Aber nichts war geschehen. Aleksija hatte gleichmäßig atmend in ihrem Bett auf der gegenüberliegenden Seite des Schlafraumes gelegen und sich nicht gerührt, auch nicht, als Zlata ihre Kleider zusammengerafft hatte und in den Flur hinausgeschlichen war. Während sie sich so lautlos wie möglich angekleidet hatte, hatte sie immer wieder innegehalten, um zu horchen, doch bis auf ihre eigenen kaum hörbaren Geräusche war alles ruhig geblieben.

Als sie endlich vorsichtig die Tür geöffnet hatte, nur so weit, dass sie nicht quietschen konnte, hatte sie aus der Ferne das erste Hahnenkrähen gehört. Wieder hatte sie verharrt, hatte sich versichern wollen, ob die Mutter nicht geweckt worden war, doch nichts … Behutsam war Zlata die Stufen hinuntergestiegen. Ihre Schritte hatten auf dem Kiesweg geknirscht, als sie vom Haus weg auf das Tor zugegangen war. Alles war ihr unglaublich laut erschienen, doch niemand war hinter ihr hergekommen, niemand hatte grob ihren Arm gepackt, um sie an ihrem Tun zu hindern.

Vor dem Tor hatte sie erneut gezögert und war dann doch entschlossen auf die Straße getreten. Und jetzt hatte sie den Hafen fast erreicht. Da waren so viele Gedanken, die ihr durch den Kopf jagten. Was sollte sie den Menschen sagen, die ihr jetzt begegneten? Sollte sie überhaupt etwas sagen? Sie hoffte, dass niemand Notiz von ihr nahm, sie war nur eine junge Frau, die beabsichtigte, frischen Fisch zu kaufen, eine gute Tochter, die der Mutter Arbeit abnahm. Sie wollte nicht, dass geredet wurde. Gerede würde ihr die Mutte