: Alexandra Bleyer
: Propaganda. 100 Seiten Reclam 100 Seiten
: Reclam Verlag
: 9783159617268
: 1
: CHF 5.70
:
: Politik
: German
: 100
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Hören wir das Wort Propaganda, denken wir an die Gleichschaltung der Medien in der NS-Zeit und vielleicht auch an fake news oder Verschwörungstheorien im Internet. Doch das ist nur ein Aspekt dieses vielschichtigen Themas. Schließlich ist Propaganda auch Teil politischer Kommunikation in Demokratien - man denke nur an Fotos von Ministerpräsidenten und Bundesministerinnen vor gut gefüllten Klopapier-Paletten. Alexandra Bleyer sensibilisiert dafür, woran man Propaganda erkennt und wie man sich vor ihren Verführungen schützen kann. Denn Propaganda entfaltet nur ihre Wirkung, wenn man es zulässt.

Alexandra Bleyer, geb. 1974, ist Historikerin und freie Autorin. Bei Reclam erschien zuletzt ihr Band 'Napoleon. 100 Seiten'.

Ein Werkzeug des Bösen?


Warum ein Buch über Propaganda? Ist das noch zeitgemäß? Zwar taucht der Begriff in der Tagespolitik regelmäßig auf, meist als Vorwurf an den politischen Gegner oder angesichts von Desinformationskampagnen, mit denen (aus dem Ausland) Wahlen beeinflusst werden. Doch wenn wir über politische Kommunikation und deren Fehlentwicklungen diskutieren, stehen andere Begriffe im Vordergrund:Fake News und »alternative Fakten«,Message Control sowie »Mainstream-« und »Lügenpresse«. Fragt man, was diese Dinge gemeinsam haben, zeigt sich ein roter Faden: Es geht um die (tatsächliche oder vermeintliche) Beeinflussung der öffentlichen Meinung durch Akteure, die damit ihre Ziele erreichen wollen.

Was nach Verschwörungstheorie klingt, ist nichts anderes als die wertneutrale Definition von Propaganda, die der Kommunikationswissenschaftler Gerhard Maletzke1972 formuliert hat: »›Propaganda‹ sollen geplante Versuche heißen, durch Kommunikation die Meinung, Attitüden, Verhaltensweisen von Zielgruppen unter politischer Zielsetzung zu beeinflussen.« WiePR und Werbung fällt sie in die Kategorie der persuasiven Kommunikation; sie will überreden (lat.persuadere) und überzeugen. Ein entscheidender Faktor ist die Intention des Urhebers: Propaganda entsteht nicht einfach so, sondern mit einer bestimmten Absicht.

Weder ist Propaganda Geschichte, noch gibt es sie lediglich in fernen Ländern wie dem diktatorisch regierten Nordkorea, wo die staatliche Jubelpropaganda zum Systemerhalt beiträgt: »Auch in einer liberalen Demokratie wird Propaganda gemacht«, bekräftigte der amerikanische Philosoph Jason Stanley2015 im Interview mit derZeit – und damals war Donald Trump (*1946) noch gar nichtUS-Präsident. Auf die Frage hin, wann ihm zum letzten Mal Propaganda begegnet sei, antwortete er: »Heute früh, beim Zeitunglesen. Ich stoße jeden Tag auf Propaganda, sie gehört zum Alltag.«

Und Propaganda wirkt. Als Historikerin faszinierte mich schon im Studium die Frage: Wie konnten Einzelne oder kleine Gruppen andere von ihren Ideen überzeugen, Anhänger gewinnen und diese mobilisieren? Zum Sturm auf die Bastille zum Beispiel. Für eine neue religiöse Bewegung wie die mittelalterlichen Bettelorden oder eine politische Partei. Zu Demonstrationen für Freiheit, Frauen- und Bürgerrechte. Vor allem aber auch zu Völkermord und Krieg: Wie kann es sein, dass es Menschen trotz all der leidvollen Erfahrungen mit Gewalt, Hass und Krieg immer wieder gelingt, andere dazu zu bringen, ihre Menschlichkeit zu vergessen und auf andere loszugehen?

Propaganda ist wirkmächtig.

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