: Brigitte Riebe
: Liebe macht dumm Frauenroman
: Gmeiner-Verlag
: 9783734992162
: 1
: CHF 5.60
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 190
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Gina ist attraktiv, intelligent und hat nur ein Ziel: Rache an den drei Männern zu nehmen, die ihre ältere Schwester verletzt und ausgebeutet haben. Geschickt setzt sie die weiblichen Waffen ein, denen keiner der drei widerstehen kann. Doch dabei läuft sie Gefahr, sich selbst in diesem Geflecht aus Verführung, Geld und Ehre zu verlieren.

Brigitte Riebe, geboren 1953, bekannt als Autorin historischer Romane, hat unter dem Pseudonym Nina Geiger Frauenromane mit Esprit, Witz und Tiefgang verfasst, die zeigen, dass die alte Geschichte zwischen Frauen und Männern noch lange nicht auserzählt ist ... Sie lebt mit ihrem Mann in München.

Drei


Sie behielt ihre Taktik bei, beziehungsweise feilte an ihr. Machte mal auf unauffällig als wahrer Ausbund an Pünktlichkeit, Akkuratesse und Zuverlässigkeit, als fleißiges Bienchen, das jede Aufgabe mit fast schon eiserner Zuvorkommenheit erledigte, dann wieder provozierte sie ihn. Nicht durch ihrÄußeres. Gina wählte ihre Kleidung bewusst geschäftsmäßig und dezent. Aber durch ihr Verhalten. Hartnäckiges Schweigen oder unerwartet aufsässige Fragen, die dem anderen den Atem verschlugen und mit denen er, wie sie schon bald herausfand, besonders schlecht umgehen konnte. Keineswegsübertrieben. Sondern ganz gezielt. Gerade im rechten Maß, um unweigerlich seine Aufmerksamkeit zu erregen.

Erwar irritiert. Ihre bloße Anwesenheit versetzte ihn manchmal bereits in nervöse Schwingungen, die er wohl nicht einmal hätte näher benennen können. Sie spürte es. Wusste es haargenau. Er jedoch ließ es sich mit keinem Wort, keiner Geste anmerken. Denn Teichmann war gerissen, fast schon krankhaft penibel und ständig auf der Hut. Gina merkte es an tausend Kleinigkeiten. Etwa daran, dass intern alle Informationen punktförmig auf ihn zuliefen und trotzdem keiner der Angestellten auch nur annähernd sein Vertrauen genoss. Auch innerhalb des Triumvirats, das die Firma leitete, war seine Vorrangstellung unangetastet. Er war der Frontmann, der der ganzen Welt die Zähne zeigte. Seine beiden Teilhaber – ein verrückter Geigenbauer der eine, mit einer ebenso einzigartigen wie unbezahlbaren Stradivari-Sammlung, der andere ein blasierter Kieferchirurg, durch eine Erbschaft, wie man munkelte,über Nacht zu Geld gekommen – erschienen nur ab und an in den Geschäftsräumen und konnten ihm in keiner Weise das Wasser reichen.

Oder an der Art, wie die Ablage der Immobilienfirma»Kosmos« organisiert war. Hier gab es nirgendwo denüblichen Ordnerverhau, den sie von früheren Jobs her kannte, und im Lauf der Zeit schon als unvermeidlich betrachtet hatte. Soldatisch aufgereiht, exakt nach Regenbogenfarben sortiert, hingen die Akten in einer aufwendigen, eigens dafür erdachten Schrankkonstruktion. Weder Krallenfalle noch Nagelhautvernichter – ein einziger Griff, und schon hielt man das Gewünschte in der Hand. Denn Zeit war pures Geld. Nicht nötig, diesen Grundsatz auch noch als Merkspruch an die Wand zu hängen. Jeder, der hier arbeitete, nahm ihn buchstäblich mit jedem Atemzug in sich auf.

Das galt sogar für die nachmittägliche Kaffeetafel, eine merkwürdige firmenspezifische Institution, die Teichmann mit sanftem Zwang durchgesetzt hatte. Als ungeschriebenes Gesetz hatte jeder Mitarbeiter dort zu erscheinen, und selbst er, der Boss, brachte das Kunststück fertig, seine zahlreichen Termine so zu arrangieren, dass er höchstens alle paar Wochen einmal fehlte. Man saß um den ovalen, piekfeinen Besprechungstisch im Souterrain, der die restlichen Bürostunden solventen Kunden und Bankern der höheren Kategorie vorbehalten war, trank aus dünnem Porzellan zugegebenermaßen guten Kaffee oder Tee und durfte sich nach Lust und Laune von dem Kuchenbüfett bedienen, das von einer Konditorei täglich frisch angeliefert wurde.

Es wurde, scheinbar angeregt, geplaudert, gescherzt, gelacht. In Wirklichkeit jedoch war dies die optimale Methode, um das Gras wachsen zu hören und sich so schnell wie möglich an Ort und Stelleüber alles zu informieren, was in der Firma vor sich ging. Jeder hatte Rede und Antwort zu stehen. Hier war keine Akte zur Hand, hinter der man sich verstecken konnte, keine Tätigkeit vorzuschieben, die unbedingt noch erledigt werden musste. Nicht einmal die Flucht zur Toilette wurde gern gesehen. Es gab nur Teichmanns kalte, helle Augen, deren Blick man standzuhalten hatte. Was beileibe nicht allen gelang.

Schon während Ginas erster Bürotage brach eine der Mitarbeiterinnen bei dieser Gelegenheit in Tränen aus, eine kleine, nicht mehr ganz junge Frau, die früher für die Buchhaltung zuständig gewesen war. Inzwischen hatte man sie durch eine leistungsfähigere Kollegin jüngeren Jahrgangs ersetzt, und sie musste sich mit zweitrangigem Zuarbeiten begnügen. Nachdem sie Teichmann eine Antwort schuldig geblieben war, wandte er sich einfach an die nächste. Daraufhin begann sie unvermittelt loszuschluchzen. So heftig, dass sie sich beinahe an der Sahnetorte verschluckte, die sie sich wie zum Schutz in den Mund gestopft hatte. Die beiden Nachbarn links und rechts sprangen auf, klopften ihr auf den Rücken und versuchten, den würgenden Hustenanfall zu stoppen, während der Boss die Szene mit feinem Lächeln beobachtete.

»Schlechte Nerven, Frau Müller?«, fragte er schließlich.»Vielleicht sollten Sie doch schleunigst die Kur antreten, von der Sie schon so lange reden. Meinen Segen jedenfalls haben Sie. Das wissen Sie ja. Ist