KAPITEL 1
Mit einem breiten Lächeln im Gesicht schloss Susan ihren Laden auf. Sofort strömte ihr der Geruch von getrockneten Orangenscheiben und Zimtstangen entgegen, die sie in Schalen überall im Geschäft aufgestellt hatte. An der Decke hingen festliche Girlanden, im Schaufenster standen ein Weihnachtsmann und Rentierfiguren. Ja, sie musste gestehen, sie liebte Weihnachten mit all dem Kitsch, den man zu dieser Zeit des Jahres in den großen Kaufhäusern der Umgebung fand. Erst am Tag zuvor hatte sie, sosehr es ihr auch widerstrebte, bei der Konkurrenz einzukaufen, mit Begeisterung die wundervollen Schaufensterdekorationen entlang der Cornmarket Street angesehen. Glücklicherweise verirrten sich oft genug Leute zu ihnen in die Valerie Lane, die von der Hauptstraße abging, und besonders das Weihnachtsgeschäft lief jedes Jahr so gut, dass Susan sich die folgenden Monate kaum Sorgen um ihre Finanzen zu machen brauchte.
Sie alle hier in der Valerie Lane liebten ihre kleine Straße, die gemütlichen Lädchen und die besondere Atmosphäre, die alles umgab. Manchmal kam es Susan so vor, als wäre Valerie mit ihrer guten Seele noch immer anwesend. Und dann dachte sie, besonders zur Weihnachtszeit, in der man doch tatsächlich noch an Engel glauben konnte, dass sie vielleicht sogar vom Himmel aus auf sie alle heruntersah und ihnen ihren Segen gab.
»Susan!«, hörte sie jemanden rufen.
Sie blickte sich um und sah Tobin auf sich zukommen. Er führte nebenan den Blumenladen Emily’s Flowers, den er nach seiner Grandma, die stille Teilhaberin war, benannt hatte. Tobin war erst seit einem Dreivierteljahr in der Valerie Lane, der Neuzugang unter ihnen, doch sie alle hatten ihn bereits ins Herz geschlossen. Er war ein echter Freund geworden, immer für andere da und immer mit einem Lächeln auf den Lippen. Ja, er passte gut in die Valerie Lane, das dachte Susan in letzter Zeit sehr oft.
Sie ließ ihren Hund Terry, mit dem sie gerade einen kleinen Spaziergang unternommen hatte, von der Leine und wandte sich an Tobin, der mit seinem blonden Haar, der Stupsnase und dem spitzbübischen Lächeln nicht annähernd wie dreißig aussah.
»Guten Morgen, Tobin. Wie geht’s dir?«
»Prima, danke. Und dir?«
»Sehr gut. Ich erfreue mich an der Kälte und hoffe, dasswir endlich mal wieder weiße Weihnachten habenwerden.«
»Na ja, es sind zweieinhalb Wochen bis Weihnachten, das Wetter kann sich noch ändern.«
»Nun nimm mir doch nicht meine Illusionen«, sagte Susan und lachte. »Sag mal, bleibt es bei unserer Verabredung?« Sie hatten abgemacht, in dieser Woche zusammen auf den Weihnachtsmarkt zu gehen.
»Ja, natürlich. Das wollte ich auch dich fragen. Wann hast du Zeit?«
Sie musste kurz überlegen. Es war Mittwoch, da traf sie sich immer abends mit ihren Freundinnen. »Wie wäre es mit morgen?«, schlug sie vor.
»Perfekt. Der Weihnachtsmarkt in der Broad Street eröffnet morgen, da haben wir es nicht weit.«
»Perfekt«, stimmte