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»Wegen der Höhe Ihres Gehalts brauchen Sie sich keine Gedanken zu machen. Ich verspreche Ihnen, Sie werden vollauf zufrieden sein.«
Die junge Frau im Bildschirmfenster zauberte mit einem Lächeln Grübchen in ihr Gesicht. Das locker herabfallende schwarze Haar bildete zusammen mit den dunklen Augen und den grellrot geschminkten Lippen einen starken Kontrast zu ihrem blassen, schmalen Gesicht. Sie sah vollkommen anders aus als die chinesischen Nachrichtensprecherinnen, wenn sie ihre Propagandabotschaften über der Menschheit ausschütteten. Sū Yànméi hieß sie, wie Jesper von der neben dem Kamerabild eingeblendeten elektronischen Visitenkarte ablas. Ihr Englisch war nahezu akzentfrei, soweit er das beurteilen konnte.
»Außerdem gibt es in China seit achtzehn Jahren keine Einkommensteuer und keine Sozialabgaben mehr, wie Ihnen möglicherweise bekannt ist.«
Sie schien ihm direkt in die Augen zu sehen. Entweder hatte sie sich angewöhnt, stets die Kameralinse zu fixieren, oder sie saß einer 3D-Kamera gegenüber, die ihre Blickrichtung anpasste, damit dieser Eindruck entstand. War sie überhaupt echt? Ihr Bild konnte ebenso gut ein Avatar sein, der Gestik, Mimik, Ausdrucksweise und Betonung von Jespers wahrer Gesprächspartnerin nachahmte. Vielleicht saß am anderen Ende der Leitung auch gar keine junge Frau, sondern ein ergrauter Botschaftsangestellter, dem ein Stück Software ein ansprechenderes Äußeres und eine dazu passende Stimme verlieh. Oder redete er gar seit zehn