Ich saß in meinem Zimmer und sog den Geruch der frischgebackenen Plätzchen ein. Es erinnerte mich an den letzten Schultag, weil meine Lieblingslehrerin Frau Rommert den Schülern Kekse mitgebracht hatte. Und bei dem Gedanken an diesen Tag musste ich fast weinen. Alle Kinder freuten sich auf die Ferien, ich aber wäre gern bei meiner Lehrerin in der Schule, anstatt bei Papa. Sie behandelte mich seit Mamas Tod immer gut. Manchmal nahm sie mich in den Arm und sagte, dass es in Ordnung sei, wenn ich weinen musste.
Bei Papa war das nicht so. Der schimpfte mich aus und nannte mich ›Heulsuse‹ oder ›Waschlappen‹.
Weihnachten mit Frau Rommert wäre so viel schöner. Ich würde lieber mit ihr lachen, statt bei Papa zu sein, der immer voller Wut war.
Das Fest letztes Jahr war grausam gewesen. Papa hatte nach Mamas Tod eine neue Frau gefunden und sie wenige Tage vor Heiligabend mitgebracht. Aber diese Frau war am vierundzwanzigsten Zwölften gestorben, nachdem Papa sehr böse auf sie geworden war.
Mich schüttelte es, denn ich konnte ihre Schreie noch immer hören. Sie waren so schrill und schmerzerfüllt gewesen, dass sie meine Seele zerbrochen hatten und ich sie nie wieder vergessen konnte. Sie verfolgten mich jede Nacht.
Mama und diese Frau waren an einem Heiligen Abend in unserem Haus gestorben, deshalb hatte ich Angst vor Weihnachten. Am liebsten hätte ich das Frau Rommert erzählt, aber das durfte ich nicht, weil Papa mich sonst in der Luft zerfetzen würde.
Ein neuer Duft nach Zimt und Teig strömte in mein Zimmer, und mir lief das Wasser im Mund zusammen.
Vorsichtig schlich ich in die Küche und hoffte, dass ich ein wenig von dem rohen Teig probieren durfte. Mama hatte es mir immer erlaubt. Ich mochte den am liebsten, wenn er noch nicht gebacken war. Ich brauchte auch nicht die ganzen bunten Streusel darauf.
Aufgeregt beobachtete ich Mara, die Papa in diesem Jahr