: Adelhard Winzer
: Friedland Ein Spiel
: Books on Demand
: 9783756892075
: 1
: CHF 7.30
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 128
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Ein ambivalentes Spiel um die sinnentleerte Existenz bankrotter Staaten und die mysteriösen Machenschaften übermächtiger Gläubiger in einer nur noch von Krieg und Gewalt beherrschten Welt. Caos, eine männliche Figur mit Maske (benannt nach der Abkürzung für ein veraltetes PC-Betriebssystem in der DDR), sitzt in einem kleinen Café allein an einem Tisch. Nachlässig gekleidet, etwas zu lange Haare. Vor ihm am Boden eine Hundeleine, im Hintergrund eine Theke mit großer Kaffeemaschine. Daneben eine Tür mit abgegriffener Klinke. Über der Tür ein Leuchtschild mit der Aufschrift Exit, wie man es von den Kinos her kennt. Ludens, benannt nach dem Erklärungsmodell Homo Ludens, ebenfalls mit Maske, verspielt und alles in Frage stellend, kommt durch die Tür: groß, schlank, Flanellanzug, offenes Hemd. Ludens und Caos beginnen über ein Thema zu sprechen, das ihnen unter den Nägeln brennt. Anfangs noch leichtfertig, mit pseudophilosophischen Anspielungen, später klar und deutlich, aufrührerisch, bis es zum Affront kommt, beide voneinander verlangen, ihr wahres Gesicht zu zeigen, während im letzten Aufzug die Fremden erscheinen, ungeschützt, ohne Maske, chancenlos. Auftritt der Fremden: Zehn Personen ziehen lärmend durch den Zuschauerraum, erklimmen die Bühne. Fünf Personen links, fünf rechts. Männer und Frauen. Eigenwillig gekleidet. Rucksäcke, Turnschuhe, barfuß, bunt gemischt. Vorwurfsvoll, fragend, bettelnd, eingeschüchtert reden sie in wunderlicher Aussprache aufs Publikum ein. Die Fremden können Nationalflaggen als T-Shirts, Hemden oder Jacken tragen: Afghanistan, Irak, Iran, Libanon, Pakistan, Rumänien, Syrien usw. Der leere Bühnenraum ist mit einem übergroßen Spiegel ausgestattet. Das Licht schwächer als zuvor. Das Stück lebt von der suggestiven Kraft der Schauspieler, von den Gesten und Bewegungen und der Modulationsfähigkeit ihrer Stimmen, die dadurch den Fremden Glaubwürdigkeit und den unwirklich erscheinenden Masken imaginäre Gesichtszüge verleihen. Ort der Handlung: herrenloses Gebiet. Zeit: Vergangenheit in der Zukunft.

Adelhard Winzer, geboren in Karlshuld/Bayern, verbrachte die ersten Kinderjahre auf dem Bauernhof seines Onkels, Mitbegründer verschiedener Bands, Reisen durch Europa, Kinderbuchveröffentlichung Andreas im Georg Lentz Verlag, München, Bankangestellter, Bankkaufmann, intensive Schreib- und Zeichentätigkeit, Ausstellungen in Neuburg an der Donau, München und Umgebung, zwei Stücke im Cantus Theaterverlag: Krethi und Plethi - Das Korkenspiel, lebt im Chiemgau.

Erster Aufzug


Der Vorhang geht auf. LUDENS kommt durch die Tür. CAOS gedankenverloren am Tisch. Eine abgenutzte Hundeleine auf dem Boden.

LUDENS Hallo –

Kurze Pause.

LUDENS Wie geht’s –

CAOS Kann nicht klagen –

Kurze Pause.

LUDENSauf die Hundeleine deutend Und, wo ist Helga –

CAOS Weißt du es schon –

LUDENSsich neben CAOS setzend Klar, spricht sich rum –

CAOS Morgen fahren wir –

LUDENS Was, morgen schon –

CAOS Sie haben Helga gefunden –

Kurze Pause.

CAOS Eine Frau hat sich gemeldet.Greift nach der Hundeleine. Kannst du dir das vorstellen, die haben Helga aufgegriffen, genau nach einem Jahr –

LUDENS Du weißt, ich mag keine Hunde –

CAOS Ich hab immer gesagt, schreiben wir den Namen samt Anschrift auf ihr Halsband –

Kurze Pause.

LUDENS Also dann, gute Reise –

CAOS Das hab ich mir bei der Fernsehdiskussion auch gedacht –

LUDENS Ich schau mir so was gar nicht erst an –

CAOS Doch, ich bin ja verbandelt mit denen, fahre jedes Jahr wieder hin –

LUDENS Warst du nicht bei den Kanacken –

CAOS Ja, aber ich komme mit dem Volk nicht zurecht –

LUDENSfordernd Gehörst du nicht auch zu denen –

CAOS Ich mag die Friedländer lieber!Lacht blöde. Was ich an denen so toll finde, ich meine als Reisender, ist ihre Gastfreundlichkeit –

LUDENS Täusche ich mich oder geben sich die nicht immer so reserviert, um nicht abweisend zu sagen, wie seinerzeit die Jusos –

CAOS Nein, überhaupt nicht –

LUDENS Wenn man früher in so einen Grill gekommen ist, haben die einen angeschaut, als hätte man ihnen in die Suppe gespuckt –

CAOS Ja, das sind die Kanacken, haben mit den Friedländern aber nichts zu tun, die sind freundlich –

LUDENS fängt zu lachen an.

CAOS Ich weiß, was du denkst, aber so ist das nicht –