: Antje Szillat
: Ab heute seh ich bunt Roman
: Aufbau Verlag
: 9783841210791
: 1
: CHF 6.50
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 304
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB

Erstens kommt es anders ...

Charlotte hat es satt: den pubertären Sohn Jonas, die großen und kleinen Macken des dauergestressten Gatten, vom Schwiegervater ganz zu schweigen. Jetzt ist endlich sie dran. Seit klar ist, dass Jonas ein Jahr in England verbringen wird, plant sie, mit demselben Organisationstalent, mit dem sie auch ihre Familie am Laufen hält, ihre Auszeit in der Toskana. Doch statt cucina italiana, vino und ganz viel Sonne genießen zu können, verkündet ihr Jonas, dass er zu Hause zu bleibt, ihr Mann nimmt eine neue Stelle an, und sein dauerrenitenter Vater quartiert sich kurzerhand im Familienheim ein. Und plötzlich sieht Charlotte bunt ...

Humorvoll und voller Wärme erzählt: Eine Frau entdeckt sich neu.



Antje Szillat, in Hannover geboren, ist Autorin und arbeitet als freie Redakteurin. Sie lebt mit ihrem Mann, vier Kindern, zwei Hunden, drei Pferden und vielen Teichfischen in einer Kleinstadt vor den Toren Hannovers. Ihr erster Frauenroman 'Nimm das Glück in beide Hände!' ist bei atb erschienen, 2016 folgt 'Ab heute seh ich bunt'.

Mehr zur Autorin unter www.antjeszillat.de

Kapitel 1


Wie gut, dass ich auf mein Bauchgefühl gehört hatte!

Als ich die Website von Kunstmann Kocherlebnisse aufgerufen hatte, war ich zunächst skeptisch gewesen: ein Veranstalter, der Kochkurse für toskanische Küche in einem, wie mir auf den ersten Blick schien, doch eher gediegenen deutschen Restaurant anbot? War dieses Ambiente nicht viel zu steif, um einen Einblick in die sinnliche und oft rustikalecucina italiana zu vermitteln? Doch das Kursprogramm versprach genau das, wonach ich suchte: einen italienischen Koch, der uns an zwei Nachmittagen beibrachte, mehrgängige Menüs zuzubereiten und uns außerdem gemeinsam mit dem aus Florenz stammenden Küchenprofi Luigi einige Einkaufstipps vor Ort geben wollte. Alles in allem ein anspruchsvolles Programm, aber ich kochte schon seit Jahren leidenschaftlich– und viel zu selten. Sowohl mein Sohn Jonas als auch mein Ehemann aßen am liebsten Schnitzel.

Nun war endlich der erste Kurstag gekommen, und ich war ganz ungeduldig, loszulegen und das erste Mal in einer richtigen Großküche zu kochen. Ich sah mich schon zwischen Kupfertöpfen und -pfannen stehen und aus den leckersten Zutaten ein köstliches Gericht zaubern. Doch zunächst wurden wir eingeladen, ein Willkommensbüfett, das auf einer langen Holztafel aufgebaut war, zu probieren. Antipasti, Nudeln, gegrillte Truthahnbrust, Salate, mir kam es so vor, als wäre ich aus dem grauen, kühlen Norddeutschland direkt in die traumhaft bunte und warme Toskana gereist– und das in weniger als einer Autofahrstunde. Gerade als ich von meinem erstenFantasia di crostini abbiss und herauszuschmecken versuchte, was in dem wirklich leckeren Aufstrich enthalten sein könnte, sprach mich eine junge Frau an. Sie war blond, elegant gekleidet und unglaublich schlank.

»Hi, ich bin Franziska, aber alle nennen mich Zis.« Sie streckte mir mit einem herzlichen Lächeln ihre schmale Hand mit perfekt manikürten roten Nägeln entgegen, die ich, noch ganz in Gedanken versunken, ergriff. Eigentlich hatte ich sogar kurzüberlegt, heimlich mit meinem Handy Fotos zu machen und, samt einer Kurzmemo mit möglichen Zutaten, an mich selbst zu schicken. Nun fühlte ich mich ein wenig ertappt und geriet ins Stottern.

»Ach ja,ähm… schön. Ich, ich bin,äh, heiße Charlotte…«

Zis ergriff meine Hand und drückte sie fest.

»Und was verschlägt dich hierher?« Sie beugte sich leicht zu mir vor und fügte mit fast verschwörerischer Stimme hinzu:»Ich habe den Kochkurs von meinem Freund zum Geburtstag bekommen.« Sie stockte erneut und rollte dabei vielsagend mit den Augen.»Weißt du, ich hasse Kochen. Ich ernähre mich sowieso fastüberwiegend von grünen Smoothies und bin damit absolut happy.« Sie deutete mit den Daumen auf sich selbst.»Glaubst du, diesen Körper hätte ich mit Ende zwanzig noch, wenn ich zum Beispiel täglich so etwas in mich hineinschaufeln würde?!« Nun richtete sich ihr Zeigefinger fast ein wenig anklagend auf den Crostino in meiner Hand.»Aber Hannes meint, er möchte abends auch mal etwas Selbstgekochtes von mir vorgesetzt bekommen und nicht immer nur vom Pizzabringdienst.«

Sie seufzte kummervoll.»Na ja, und jetzt hat er mir doch tatsächlich diesen bescheuerten Gutschein geschenkt und besteht darauf, dass ich ihn auch einlöse.« Erneut rollte sie so heftig mit ihren himmelblauen Augen, dass mir fast ein wenig schummrig davon wurde, bevor sie mich noch mal fragte:»Und du? Wem hast du das hier zu verdanken?«

Ich hob die Schultern.»Wenn ich ehrlich bin, mir selbst.« Und weil sie mich nun beinah fassungslos anstarrte, fügte ich schnell hinzu:»Und meiner besten Freundin Britta, die gerade ihr eigenes kleines Wellnesshotel eröffnet und der ich in den ersten Monaten in der Küche helfen werde.« Zis guckte mich mit großen Augen an, aber ich war plötzlich nicht mehr zu bremsen.»Das Hotel befindet sich in der Toskana und soll ein Ort werden, an dem die Gäste ein wenig zur Ruhe kommen und ja, auch einfach mal nur das Leben genießen sollen. Dazu muss natürlich auch die Küche passen.«

Die Augenbrauen dieser Zis schnellten in die Höhe.»Willst du mir damit sagen, du fährst in die Toskana, um dann von morgens bis abends in der Küche zu stehen?«

Ich nickte.»Genau das ist mein Plan. Vielleicht nicht den ganzen Tag, aber ich freue mich schon sehr darauf. Die italienische Küche ist meine Leidenschaft. Nur leider bin ich bisher nur selten dazu gekommen, meine Männer sind da leider wenig experimentierbereit.«

»Männer? Wie viele Männer hast du denn?« In Zis’ Blick lag nun so viel Unverständnis, dass ich auflachen musste.

»Keine Angst, nur einen. Zumindest einen Ehemann und den auch schon ziemlich lange. Der andere Mann ist mein siebzehnjähriger Sohn.« Dass es noch einen dritten Mann in meinem Leben gab, nämlich meinen dauerschlechtgelaunten Schwiegervater, ließ ich unerwähnt. Ich wollte mir die gute Zeit nicht selbst verderben, indem ich ihm Platz in meinen Gedanken einräumte.

»Du hast einen siebzehnjährigen Sohn? Echt?« Zi