: Caroline Corcoran
: Die Vermisste Thriller
: Heyne
: 9783641294397
: 1
: CHF 10.00
:
: Erzählende Literatur
: German
: 480
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Was treibt eine Mutter dazu, ihr Neugeborenes zurückzulassen?
Romilly ist verschwunden. Nur wenige Stunden nach der Geburt ihrer Tochter. Ihre Familie kümmert sich um den Säugling und versucht herauszufinden, was mit Romilly geschehen ist. Ihr Mann Marc hat eine Erklärung. Aber ist die einfachste Erklärung immer die richtige? Wissen ihre Freunde und ihre Schwester mehr, als sie zugeben? Während ihre Geheimnisse nach und nach ans Licht kommen, wird klar: Die Wahrheit ist düsterer, als sie alle dachten. Und nicht alle werden am Ende noch leben, um sie zu erfahren ...

Caroline Corcoran arbeitet als selbstständige Lifestyle- und Kulturredakteurin. Sie hat für einige der wichtigsten Online- und Printmagazine und Zeitungen in Großbritannien geschrieben. Heute lebt sie mit ihrem Mann und ihrem Sohn auf der Halbinsel Wirral im Norden Englands. Zuvor hat sie 13 Jahre in London gewohnt.

Prolog


Du weißt nicht recht, was du mit dem gelben Heliumballon in deiner Hand anfangen sollst, wenn du gerade festgestellt hast, dass deine Frau weg ist.

Zumal auch noch etwas anderes deiner Hände bedarf: der neugeborene Säugling, der in der Ecke des Zimmers in seinem Bettchen liegt und schreit.

Du hältst den Ballon fest.

Du hältst ihn noch fester, als könnte er dich davontragen, höher und höher, weg von all dem hier, was auch immerall das hier ist.

Du spürst eine Enge in der Brust.

Deine Frau. Einfach nicht mehr da.

Von der Wochenstation verschwunden. Einen Tag nach der Geburt eurer gemeinsamen Tochter.

Du stehst da und schaust dich um. Nach deiner Frau. Nach einem Ort, an dem du den Ballon lassen kannst. Nach jemandem, der dir hilft. Nach einer Erklärung dafür, was mit diesem Moment passiert ist, der sich doch eigentlich ganz anders anfühlen sollte, euphorisch und neu, nach Wehmut und Leben.

Immer fester hältst du den Ballon.

Die Schreie des Babys werden lauter.

Deine Brust wird enger.

Du lässt nicht los.

Draußen vor dem Zimmer, in dem du stehst, herrscht das ganz normale Treiben einer Wochenstation, trotzdem kommt es dir so vor, als wärst du von allem abgeschnitten. Du weißt, du solltest jemandem Bescheid sagen, aber dafür müsstest du den Raum verlassen, und du hast vergessen, wie das geht. Vergessen, wie man sich bewegt.

Irgendwo schrillt eine Klingel, und eine erschöpfte Hebamme seufzt, ehe das Geräusch schneller Schritte in praktischen Schuhen aus dem Korridor erklingt.

Endlich fällt dir wieder ein, wie man sich umdreht. Als sie die Tür des Zimmers passiert, öffnest du den Mund. Allerdings bist du unsicher, was du ihr sagen sollst, denn was, wenn du dich irrst? Aber im Grunde weißt du es, nicht wahr? Im Grunde weißt du Bescheid.

Ein anderer Vater kommt vorbei und lächelt dir zu. Seine weichen Adidas-Sneakers tragen ihn so schnell es geht in Richtung seiner Familie, nach der sich sein Herz ab jetzt immer verzehren wird.

Du blickst ihm nach. Er lebt die andere Version deiner Wirklichkeit.

Du hältst dich am Ballon fest.

Als Nächstes wird eine völlig benommene Frau in einem Rollstuhl vorbeigeschoben. Sie hat eine Puppe im Arm. Nein, natürlich ist es ein Baby – aber es sieht aus wie eine Puppe, nicht wahr? Die Frau trägt keinenBH, unter dem offenen Bademantel sieht man ihre nackten Brüste. Sie hat erst vor wenigen Minuten entbunden. So verletzlich, wie man nur sein kann.

Du stehst ganz still da, g