: Ulrike Schweikert
: Léon& Claire Er fand sie im Licht
: cbj Kinder-& Jugendbücher
: 9783641170356
: & Claire-Reihe
: 1
: CHF 12.60
:
: Jugendbücher ab 12 Jahre
: German
: 448
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Düstere Katakomben, geheimnisvolle Magie und eine große Liebe
Claire glaubt ihre große Liebe Léon, den Jungen aus der dunklen Welt der Katakomben unter Paris, für immer verloren. Da bekommt sie von einer alten Frau einen geheimnisvollen Stein, den nur Léon ihr geschickt haben kann. Claire spürt, dass er lebt - und spürt die magische Verbindung. Doch die Spur des Steins führt ins Leere. Gleichzeitig kreuzt Cato, der unheimliche Onkel ihres Erzfeindes Adrien, immer wieder Claires Weg. Steht er in Verbindung mit den mächtigen Zauberern des Lichts und der Schatten? Und kann Léon sich jemals aus der dunklen Welt befreien? Verzweifelt versuchen Léon und Claire, in der Stadt der Lichter einen Weg zueinander zu finden. Liebe ist Magie, doch ist sie stärker als die Magie des Schattens?

Ulrike Schweikert arbeitete nach einer Banklehre als Wertpapierhändlerin, studierte Geologie und Journalismus. Seit ihrem fulminanten Romandebüt »Die Tochter des Salzsieders« ist sie eine der erfolgreichsten deutschen Autorinnen historischer Romane. Ihr Markenzeichen: faszinierende, lebensnahe Heldinnen. Nach ihren beiden großen historischen Jugendromanen »Das Jahr der Verschwörer« und »Die Maske der Verräter« hat die vielseitige Autorin inzwischen ihre erste Fantasy-Saga für Jugendliche verfasst, die auf Anhieb ein Erfolg wurde: »Die Erben der Nacht«. Ulrike Schweikert lebt und schreibt in der Nähe von Stuttgart.

Der Gefangene

Er saß auf dem nackten Boden, die Beine im Schneidersitz verschränkt, die Arme schlaff im Schoß. Doch sein Rücken war durchgedrückt und sein Blick stolz erhoben. Seine Augen blitzten zornig. Es war, als züngle eine Flamme in diesen tiefschwarzen Augen, die so bodenlos schienen, dass sie nur selten verrieten, was auf dem Grund der verborgenen Seele dieses jung erscheinenden Mannes vor sich ging.

Vielleicht war es aber auch nur der Widerschein der letzten Sonnenstrahlen am fast blauen Dezemberhimmel über Paris, der von Orange nun in verblassendes Rosa überging.

Er rechnete nach. Es waren nur noch wenige Tage bis Weihnachten.

Léon war nicht von klassischer Schönheit, dazu war sein Gesicht zu kantig und seine Miene meist zu ernst. Dennoch war er ein Mann, dessen Anblick man nicht so schnell vergas. Er war groß, dabei von schlanker Gestalt, von der sehnigen Art gut trainierter Ausdauersportler. Seine Haut war jedoch nicht sonnengebräunt wie die eines Sportlers, sondern fast durchscheinend blass. Vor allem sein blasses Gesicht stand in hartem Kontrast zu seinem schwarzen Haar, den dichten Brauen und dunklen Wimpern und natürlich den Augen, in denen Wut loderte. Er würde nicht aufgeben. Niemals!

Und doch hätten die, die ihn kannten, eine erschreckende Schwäche in seinem Blick bemerkt, die sie bei ihm nicht für möglich gehalten hätten. Wer jedoch konnte von sich schon behaupten, den geheimnisvollen Mann zu kennen, der so alterslos schien und von dem niemand genau wusste, woher er kam und seit wann er in den Katakomben von Paris lebte, die sich in mehreren Ebenen über Hunderte Kilometer in einem Gewirr aus Gängen und Kavernen im Norden und vor allem im Süden unterhalb der Stadt erstreckten.

Eine Familie hatte er schon lange nicht mehr – und Freunde? Die Kataphilen und anderes lichtscheues Gesindel, das sich unter der Stadt herumtrieb, zählte er ganz sicher nicht zu seinen Freunden.

Für einen Moment zogen die Gesichter der Menschen durch seinen Geist, die ihm etwas bedeuteten. Es waren nicht viele: Am ehesten würde er Jannine als eine Freundin bezeichnen, das katzenhafte Mädchen, das über eine wunderbare Magie verfügte und vermutlich die geschickteste Diebin aller Zeiten war. Sie und ihr Bruder Marcell, der liebenswerte große Junge, der seit Jahren kein Wort mehr gesprochen hatte, waren so etwas wie Freunde für ihn geworden.

Ein anderes Gesicht verdrängte die Geschwister. Ein Gesicht, das nicht in seine Welt passte. Sie war ein Kind des Lichts. Er sah ihr schmales, sonnengebräuntes Gesicht vor sich, umrahmt von goldenen Locken, in denen sich das Sonnenlicht verfing. Sie war eine Schönheit und sie passte ganz sicher nicht in seine lichtlose Welt.

Er versuchte sich einzureden, dass ihn das nicht kümmerte. Dass sie nur irgendein Mädchen war, ein nettes Gesicht, ein oberflächliches Wesen, das ihm nichts bedeutete, doch das wollte ihm nicht gelingen.

Es war nicht fair, ihr das anzutun. Sie gehörte an die Oberfläche. Oberflächlich war sie jedoch ganz sicher nicht. Sie war eine mutige Kämpferin mit einem großen Herzen. Was hatte sie nicht alles auf sich genommen, weil sie ihn retten wollte?

<