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Ein paar Worte über Max, es geht nicht anders. Damit er nicht mit einem anderen verwechselt wird.
Sein vollständiger Name lautet Max Herrgott Schmeling. Sein Vater hieß Alois Kopper und war von Kriegsende bis Anfang der siebziger Jahre Besitzer eines Schuhgeschäfts am Marktplatz von Gimsen. Nachdem Max’ Mutter gestorben war – an Tuberkulose, der Junge war knapp dreizehn und das einzige Kind –, nahmen Vater und Sohn den Namen Schmeling an. Max hatte dem berühmten Boxer, der den legendären Joe Louis auf die Bretter geschickt hatte und für kürzere Zeit Boxweltmeister im Schwergewicht gewesen war, bereits seinen Vornamen zu verdanken. Alois Kopper hatte in seiner Jugend zwei seiner Kämpfe in Europa gesehen, und als sein einziges Kind zur Welt kam und ein Junge war, stand der Vorname augenblicklich fest. Herrgott wurde er nach Max’ Großvater mütterlicherseits getauft.
Wie man es später schaffte, sichSchmeling unter den Nagel zu reißen, ist ausgesprochen unklar, aber es ging offensichtlich. Alois Schmeling betonte seinem Sohn gegenüber zudem immer wieder, dass ihr Namensgeber im Zweiten Weltkrieg zwar für Deutschland gekämpft habe – als Pilot bei der Luftwaffe, nicht? –, insgeheim jedoch ein Widerstandskämpfer gewesen sei und sich beispielsweise persönlich in Lebensgefahr begeben habe, indem er zwei jüdische Kinder vor dem Holocaust rettete.
Vier Monate nach dem Tod seiner Mutter wurde Max unter seinem neuen Namen in die städtische Realschule aufgenommen. Anfangs wurde er in den Pausen des Öfteren verprügelt, von Idioten, die behaupteten, sie hießen Rocky Marciano oder Sonny Liston, aber mit der Zeit entwickelte er eine gute linke Gerade sowie eine Rechte, die auch nicht zu verachten war, und verschaffte sich auf diese Weise Respekt und gewann neue Freunde.
Dann wuchs er auf, wurde erst Lokomotivführer, danach Aushilfslehrer, später schließlich Schriftsteller, und in den letzten Jahrzehnten hat er sich als solch freischaffender Künstler durchs Leben geschlagen. Er verfasste einen Roman, der zu Hause und international zu einem großen Erfolg wurde, erweiterte ihn auf Anraten seines Verlags zu einer Art Tetralogie, und dank dieses Rats und dieser Bücher hat er seit mehr als zwanzig Jahren nicht mehr in einer Lokomotive oder hinter einem Lehrerpult gesessen. Er hat die sechzig überschritten, und das Risiko, dass er es jemals wieder tun muss, tendiert gen null.
Derzeit ist er alleinstehend. Seine dritte Frau hat ihn vor einem halben Jahr verlassen; das löste eine leichte Depression aus, aber seine Therapeutin behauptet, dass er sie überwunden habe. Er hat zwei Kinder, einen Sohn aus erster Ehe, eine Tochter aus zweiter. Sie sehen ihren Vater nicht sonderlich oft, haben aber auch keine ungelösten Konflikte mit ihm, jedenfalls nicht, soweit er wüsste. Sie wohnen in L