: Dora Heldt
: Wind aus West mit starken Böen Roman
: dtv Deutscher Taschenbuch Verlag
: 9783423424363
: 2
: CHF 6.40
:
: Gegenwartsliteratur (ab 1945)
: German
: 496
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Der Bestseller jetzt imTaschenbuch Ausgerechnet Sylt! Viele Jahre hat Katharina die Insel ihrer Kindheit und Jugend gemieden, jetzt führt sie der Rechercheauftrag eines holländischen Bestsellerautors in die alte Heimat zurück. Kaum auf Sylt angekommen, trifft sie mit voller Wucht auf ihre Vergangenheit. Nicht nur, dass sie sich mit ihrer chaotischen Schwester Inkenauseinandersetzen muss - nein, auch Hannes ist auf der Insel, ihre erste große Liebe, der gerade die Wohnung seiner verstorbenen Mutter auflöst und den sie seit über zwanzig Jahren aus ihren Erinnerungen zu tilgen versucht. Alte Liebe rostet nicht ...? 

Dora Heldt, 1961 auf Sylt geboren, hat sich mit ihren Romanen und Krimis auf die Spitzenplätze der Bestsellerlisten und in die Herzen von Millionen von Leserinnen und Lesern geschrieben. Wie kaum eine andere Autorin in Deutschland kennt sie den Buchmarkt von allen Seiten: Die gelernte Buchhändlerin war über 30 Jahre lang Verlagsvertreterin für einen großen Publikumsverlag. Neben humorvollen Familien- und Frauenromanen (u.a.>Urlaub mit Papa<,>Bei Hitze ist es wenigstens nicht kalt< oder>Drei Frauen am See<,>Drei Frauen, vier Leben<) begeistert sie ihr Publikum mit lustig-skurrilen Sylt-Krimis, Erzählungen und Kolumnen. Die Liebe zu ihrer norddeutschen Heimat ebenso wie die zu den Menschen dort fängt Dora Heldt auf unnachahmliche Weise in all ihren Büchern ein.

An dem kleinen Teppich im Flur erkannte Katharina, dass ihre Putzfrau da gewesen war. Er lag diagonal. Mit der Fußspitze schob sie die Teppichkante wieder parallel zur Wand, erst dann knöpfte sie ihren Mantel auf. Sie empfand es immer noch als Luxus, dass jemand für sie die Wohnung in Ordnung brachte, aber sie konnte es nicht leiden, wenn Dinge anders lagen, als sie sollten. So wie der Teppich. Er musste gerade liegen, genau in der Mitte des Flures. Das konnte doch nicht so schwer sein. Aber Frau Peters legte ihn jedes Mal schräg. Und sie ignorierte, dass Katharina die Lage jedes Mal korrigierte. Seit vier Jahren ging das jetzt so. Katharina war sich sicher, dass es ein Machtspielchen war. Aber sie hielt dagegen.

Sie hängte den sandfarbenen Mantel auf den Bügel, stellte ihre Schuhe auf die Ablage und lief auf Strümpfen in die Küche. Mit wenigen Handgriffen schob sieÖlflasche, Pfeffer- und Salzmühle in die ursprüngliche Ordnung, dann nahm sie ein Glas aus dem Schrank, die Wasserflasche aus dem Kühlschrank und tappte ins Wohnzimmer. Zu Hause, dachte sie erleichtert und ließ sich in den Sessel fallen.

Für einen Moment blieb sie sitzen und sah sich um. Die Kissen waren anders drapiert. Katharina stand wieder auf, um sie aufzuschütteln und richtig hinzulegen. Drei in die rechte Ecke, zwei in die linke. So wie es sein sollte. Irgendwann würde sie Frau Peters feuern. Ohne Angabe von Gründen. Das Klingeln an der Haustür unterbrach sie bei der Vorstellung. Sie stand auf undöffnete.»Hallo Katharina.« Sabine, ihre Nachbarin, stand in Leggins undübergroßem Pullover vor ihr und hielt einen Umschlag in der Hand.»Ich habe eine Postsendung für dich angenommen, hier bitte.« Neugierig sah sie an Katharina vorbei.»Du warst weg, oder? Ich habe vorhin schon mal geklingelt.«

Der Pullover sah aus wie ein schmutziges Zelt und Katharina fragte sich, warum Sabine einen großen Spiegel im Flur hatte, wenn sie doch nie einen Blick hineinwarf, bevor sie ihre Wohnung verließ.

»Ja.« Beiläufig verstellte Katharina ihr die Sicht in die Wohnung.»Vier Tage in Wien. Danke dir, dann also einen schönen Abend.«

Sie lächelte Sabine an und wollte langsam die Tür schließen, ihre Nachbarin aber kam schnell einen Schritt näher.»Ist Jens noch nicht da? Ich wollte ihn etwas fragen.«

»Nein.« Katharina bemühte sich, freundlich zu bleiben.»Ich weiß auch nicht, ob er heute noch kommt.«

»Oh.« Sabines Enttäuschung war nicht zuübersehen.»Das ist schade. Ist irgendetwas passiert?«

»Nein. Ich bin nur so müde, es war eine Chaoswoche. Und manchmal sind getrennte Wohnungen ein Segen.«

Sabine sah das offensichtlich ganz anders.»Wenn du meinst«, antwortete sie schmallippig.»Für mich wäre das nichts. Aber das müsst ihr selbst wissen. Also, schönen Abend.« Sie drehte sich auf dem Absatz um und ging.

Katharina schloss leise die Tür und lehnte sich erleichtert dagegen. Sie hatte nichts gegen gute Nachbarschaft, aber das bedeutete nicht, dass man befreundet sein musste, nur weil man zufällig im selben Haus lebte. Sabine sah das anders und versuchte es immer wieder. Katharina war glücklicherweise beruflich so viel unterwegs, dass sie Sabine nicht allzu oft abwimmeln musste. Dass die Nachbarin trotzdem anhänglich blieb, lag an Jens. Er hatte sie einmal zum Essen eingeladen, als Dank dafür, dass sie ihn, als sein Auto am Morgen nicht angesprungen war und er zu einem wichtigen Termin musste, in aller Herrgottsfrühe zum Flughafen gefahren hatte. Katharina hatte damals mit der schlimmsten Grippe ihres Lebens im Bett gelegen und war froh gewesen, dass Sabine ihm geholfen und anschließend noch in der Apotheke Medikamente für sie geholt hatte. Nach dem Essen zu dritt fühlte sich Sabine mit den beiden befreundet. Jens fand das völlig in Ordnung, aber der wohnte auch nicht hier. Zum Leidwesen Sabines.

Katharinaöffnete den Umschlag, zog die inliegende Mappe ein Stück heraus und warf einen Blick darauf. Mit zufriedenem Lächeln schob sie alles wieder zurück. Es waren die letzten Unterlagen, die sie noch zu ihrer Recherche brauchte, morgen könnte sie dem Kunden alles zuschicken und hätte ihren Auftrag erfüllt. Eine Woche vor dem abgesprochenen Termin. Es hatte alles geklappt. Sie arbeitete seit vier Jahren in einem Recherchebüro. Zusammen mit zwei Kollegen sammelte sie im Auftrag der unterschiedlichsten Menschen Informationenüber die unterschiedlichsten Dinge. Katharina liebte ihren Job. Ob es sich um Redakteure von Fernsehsendungen, Journalisten verschiedener Zeitschriften, Schriftsteller oder Filmemacher handelte, alle brauchten Material für besondere Projekte. Und Katharina stellte es ihnen zur Verfügung. Der letzte Auftrag kam von einem Verlag, der Reiseführer veröffentlichte. Katharina hatte drei Wochen lang Hotels, Restaurants, Museen und andere Sehenswürdigkeiten geprüft, Preise und Adressen aktualisiert und zusammengestellt. Jetzt konnte ein Redakteur den Bandüberarbeiten und neu auf den Markt bringen. Und der nächste Auftraggeber konnte kommen.

Katharina legte den Umschlag auf den Schreibtisch, vor das Bild von ihr und Jens. Sie hatte das Foto nur hingestellt, um Jens eine Freude zu machen. Sein Bruder Thomas hatte es im letzten Sommer aufgenommen, als Katharina die beiden an einem Wochenende auf dem Boot besucht hatte. Die Brüder waren begeisterte Segler, Thomas hatte ein Segelboot in Otterndorf liegen, einem kleinen Hafen an der Elbemündung. Von Bremen aus dauerte die Fahrzeit knapp zwei Stunden, Katharina hatte sich bei Traumwetter spontan ins Auto gesetzt, um die beide