: Egon Flaig
: Anne Hamilton
: Gegen den Strom Für eine säkulare Republik Europa
: zu Klampen Verlag
: 9783866742024
: zu Klampen Essays
: 1
: CHF 8.00
:
: Politik
: German
: 256
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Europa bricht auseinander. Nur über die Suche nach den Gründen des Scheiterns lassen sich die Bedingungen des Gelingens finden. Das erfordert, so zeigt dieses Buch, historische Rückbesinnung, nicht zuletzt auf die hellenischen Grundlagen unserer Kultur: Niemals kann ein freiheitliches Gemeinwesen sich gründen auf religiöse Gebote oder ökonomische Interessen, sondern einzig auf den politischen Willen seiner Bürger. Unverzichtbar ist ein kulturelles Gedächtnis, welches jene universalistische und menschenrechtliche Orientierung stabilisiert, der sich die westlichen Demokratien verpflichtet wissen. Denn nur diese vermag zu garantieren, dass die historische Wahrheit eine verbindliche Leitidee bleibt und die globalen Zukunftsentwürfe auf allgemeiner Vernunft basieren. Andernfalls, so zeigt der Autor, sind gefälschte Vergangenheiten und daraus abgeleitete Ansprüche nicht zurückweisbar und die Feinde der Freiheit nicht benennbar, sind die parallelgesellschaftlichen Zerrissenheiten nicht zu überwinden und die theokratischen Drohungen nicht zu parieren.

Egon Flaig, Jahrgang 1949, lebt in Berlin und lehrt in Rostock, wo er die Professur für Alte Geschichte innehat. Nach Abschluss des Studiums der Geschichte, Romanistik und Philosophie promovierte er 1984 in Berlin. Er lehrte als Privatdozent in Freiburg und Göttingen und arbeitete am Göttinger Max-Planck-Institut für Geschichte. Gastprofessuren führten ihn ans Collège de France, an die Sorbonne, Paris I und die Universität Konstanz. 1996 wurde ihm der Hans-Reimer- Preis der Aby-Warburg Stiftung verliehen. U. a. von ihm erschienen: »Weltgeschichte der Sklaverei« (2009) und »Die Mehrheitsentscheidung. Entstehung und kulturelle Dynamik«. Bei zu Klampen veröffentlichte er »Gegen den Strom« (2013) und »Die Niederlage der politischen Vernunft« (2017).
 Wer gegen den Strom schwimmt, verlangsamt. Ihm bleibt Zeit, Ufer und Landschaft zu betrachten.
Wer gegen den Strom schwimmt, will Höhe gewinnen. Bei starker Strömung geht es mit ihm langsamer abwärts.
Wer gegen den Strom schwimmt, richtet das Gesicht zur Quelle.

Vorwort


Plädoyer für die Auflösung
der Europäischen Union


Das höchste politische Ziel eines gebildeten Europäers ist ein vereinigtes Europa, eine demokratische europäische föderative Republik. Doch es führt kein Weg von der Brüsseler Europäischen Union zu einem demokratischen Europa. Ohne Bürger keine Republik; ohne Volk keine Demokratie. Das sicherste Mittel zur Zerstörung einer Republik ist es, die Bürger ihres zivischen Bewußtseins zu berauben. Über die vereinigte europäische Republik nachzusinnen heißt darum zuvorderst zu ergründen, was Europäer zu Bürgern macht und was sie daran hindert, solche zu werden.

Die Vision eines geeinten Europa war kein Alptraum. Seitdem Victor Hugo die »Vereinigten Staaten von Europa« als historisches Ziel der europäischen Nationen anvisierte, ist die berechtigte Hoffnung auf eine politische Föderation gewachsen. Demokratisch kann eine solche Bundesrepublik nur werden, wenn die unterschiedlichen Souveräne, die Völker der Mitgliedstaaten, sich zu einem einzigen Souverän zusammenschließen. Nur wenn ein europäisches Staatsvolk entsteht, kann eine europäische Demokratie ins Leben treten. Das ist möglich, und es ist sehnlichst zu wünschen. Doch dorthin gibt es nur einen einzigen Weg: jenen, den die zwölf Gründungsstaaten der USA gegangen sind, 1776–1787.

Der Plan der europäischen Einigung seit den achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts war ein Meisterwerk technokratischer Bankrotteure. Die politische Klasse und die sich blähende Brüsseler Bürokratie versuchten, die Völker der Europäischen Gemeinschaft allmählich zu Europäern werden zu lassen: Geräuschlos sollten die Völker einander nähergebracht werden, so lange, bis sie gar nicht mehr anders konnten, als Europäer zu sein. In einem Prozeß vollendeter Bewußtlosigkeit sollte ihr politischer Wille sich verpuppen und eines Morgens sich transmutiert wiederfinden als ein europäisch ausgerichteter Wille. Das war einer der heimtückischsten Anschläge auf die Volkssouveränität, der sich je unter parlamentarischen Bannern ereignete. Vorenthalten wurde den Nationen der europäischen Gemeinschaft ihr freier und bewußter Willensakt; versperrt wurde ihnen der Gang zu den fundierenden Volksentscheiden. Nur mittels solcher Abstimmungen vermögen die Nationen, über die zwei maßgeblichen Fragen ihren Willen zu bekunden: erstens darüber, ob sie ihre Souveränität preisgeben und in gemeinsames europäisches Staatsvolk eintreten wollen, zweitens über eine neue, demokratische und bundesstaatliche Verfassung. Die politische Klasse und die eurokratischen Apparatschiks haben die unverhohlene Absicht verfolgt, das künftige europäische Staatsvolk um seinen selbsttätigen Gründungsakt zu betrügen. Mehr oder weniger unbeabsichtigt verewigen sie ein antidemokratisches Regime, getragen von einer Nomenklatura, die sich desto weiter korrumpiert, je länger sie herrscht und je weniger sie demokratische Kontrollen fürchten muß. Daß sie sich inzwischen Besoldungen genehmigt, vor denen demokratisch legitimierte Staatsoberhäupter zurückscheuen, ist bloß die unappetitliche Spitze eines bedrohlicheren Eisbergs.

Diese Hintergehung rechtfertigte sich mit der Annahme, die Völker würden in der Nachfolge der EWG und nach der Logik der EWG automatisch zu einer Wirtschaftsgemeinschaft zusammenwachsen. Der ökonomische Nutzen des wechselseitigen Austausches besorge das Zusammenrücken der Nationen, führe zu Verflechtungen, die schließlich nicht mehr zu lösen seien und die Nationen zu einer Gemengelage verwandeln, die gar nicht umhinkönne, als träge Masse in eine paneuropäische Richtung zu rollen. Damit diese Entwicklung auch vonstatten gehe, haben die eurokratischen Funktionäre weidlich