: John Grisham
: Das Fest Roman
: Heyne
: 9783641110383
: 1
: CHF 8.00
:
: Erzählende Literatur
: German
: 208
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Wie wäre es, Weihnachten einmal ausfallen zu lassen?
Ein Dezember ohne Weihnachten? Der Weihnachtsboykott wird für das amerikanische Ehepaar Luther und Nora zu einem regelrechten Spießrutenlauf, verstößt er doch gegen die gesellschaftlichen Konventionen ihrer kleinen Gemeinde. Mit seiner urkomischen Weihnachtskomödie beweist John Grisham, dass er auch als Humorist unschlagbar ist.

John Grisham ist einer der erfolgreichsten amerikanischen Schriftsteller. Seine Romane sind ausnahmslos Bestseller. Zudem hat er ein Sachbuch, einen Erzählband und Jugendbücher veröffentlicht. Seine Werke werden in fünfundvierzig Sprachen übersetzt. Er lebt in Virginia.

Der Flugsteig war überfüllt mit müden, entnervten Reisenden. Die meisten lehnten an den Wänden, da die magere Anzahl von Plastikstühlen schon lange besetzt war. Obwohl jede der hier startenden und landenden Maschinen mindestens achtzig Passagiere beförderte, gab es im Wartebereich lediglich Sitzgelegenheiten für ein paar Dutzend.

Ungefähr tausend Menschen schienen den 19-Uhr-Flug nach Miami gebucht zu haben. Alle waren dick eingemummelt, schwer beladen und hatten sich gerade noch durch den Stadtverkehr, die Eincheckschalter und die Massen in der Abflughalle gekämpft. Nun strahlten sie kollektiv eine gedrückte Stimmung aus. Es war der Sonntag nach Thanksgiving, also einer jener Tage im Jahr, an denen es auf den Flughäfen besonders hektisch zuging. Und während die Menschen rempelnd und schubsend weiter auf den Flugsteig vordrangen, fragten sich viele von ihnen nicht zum ersten Mal, warum sie sich ausgerechnet diesen Tag für ihre Reise ausgesucht hatten.

Einige lächelten mit verkrampfter Miene. Andere versuchten zu lesen, was jedoch in all dem Gedrängel und Lärm so gut wie unmöglich war. Wieder andere starrten teilnahmslos zu Boden. In der Nähe läutete ein spindeldürrer schwarzer Weihnachtsmann penetrant seine Glocke und leierte monoton immer wieder »Fröhliche Weihnachten« herunter. Eine dreiköpfige Familie näherte sich, blieb jedoch beim Anblick der Menschenmassen am Eingang des Flugsteigs stehen. Die Tochter war jung und hübsch. Sie hieß Blair, und es war offenkundig, dass sie auf eine Reise gehen würde. Im Gegensatz zu ihren Eltern. Die drei betrachteten die Menschenmenge und fragten sich dann ebenfalls im Stillen, warum es unbedingt dieser Tag hatte sein müssen.

Die Abschiedstränen waren bereits geweint — wenigstens zum größten Teil. Blair war dreiundzwanzig, frisch gebackene Jungakademikerin mit einem ansehnlichen Diplom in der Tasche, aber noch nicht willens, sofort eine berufliche Laufbahn einzuschlagen. Eine ihrer Freundinnen befand sich gerade mit dem Friedenskorps in Afrika, was Blair dazu bewogen hatte, die nächsten zwei Jahre ihres Lebens ebenfalls in den Dienst der Nächstenliebe zu stellen. Ihre Aufgabe würde darin bestehen, den Kindern von Eingeborenen in Ostperu das Lesen beizubringen. Sie würde dort in einer Hütte ohne sanitäre Anlagen, ohne Strom und ohne Telefon wohnen. Blair konnte dies alles kaum erwarten.

Sie würde zuerst nach Miami fliegen und von dort aus nach Lima. Anschließend musste sie noch drei Tage lang mit dem Bus fahren, in die Berge, in ein vergangenes Jahrhundert. Zum ersten Mal in ihrem jungen, behüteten Leben würde Blair Weihnachten nicht zu Hause verbringen. Ihre Mutter klammerte sich fest an ihre Hand und bemühte sich um Fassung.

Sie hatten sich bere