: John Grisham
: Berufung Roman
: Heyne
: 9783641025489
: 1
: CHF 8.00
:
: Erzählende Literatur
: German
: 480
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Wenn Recht zu Unrecht wird
Sie verlor ihre ganze Familie. Um ihren Tod zu sühnen, zieht Jeannette Baker gegen einen der größten Chemiekonzerne der USA vor Gericht. Als ihrer Klage stattgegeben und das Unternehmen zu 41 Millionen Dollar Schadensersatz verurteilt wird, ist die Sensation perfekt. Doch dann geht Krane Chemical Inc. in Berufung, und eine Intrige unglaublichen Ausmaßes nimmt ihren Lauf.

John Grisham ist einer der erfolgreichsten amerikanischen Schriftsteller. Seine Romane sind ausnahmslos Bestseller. Zudem hat er ein Sachbuch, einen Erzählband und Jugendbücher veröffentlicht. Seine Werke werden in fünfundvierzig Sprachen übersetzt. Er lebt in Virginia.

2

Jeannette Baker wurde von Verwandten in ihre Heimatstadt Bowmore zurückgebracht, etwa dreißig Kilometer vom Gericht in Hattiesburg entfernt. Durch den Schock geschwächt und wie üblich unter dem Einfluss von Beruhigungsmitteln stehend, hatte sie keine Lust, vor einer Menschenmenge die feiernde Siegerin zu spielen. Die Zahlen kündeten unübersehbar von einem Sieg, aber die Urteilsverkündung war auch das Ende einer langen, beschwerlichen Wegstrecke. Und ihr Mann und ihr kleiner Sohn wurden durch den Sieg bestimmt nicht wieder lebendig.

Sie lebte mit ihrer Stiefschwester Bette in einem alten Trailer, der an einer unbefestigten Straße in Pine Grove stand, einem heruntergekommenen Teil von Bowmore. An anderen nicht asphaltierten Straßen standen weitere Trailer. Die meisten Autos und Pick-ups waren uralt und verbeult, die Lackierung abgeblättert. Es gab ein paar richtige Häuser auf fünfzig Jahre alten Betonsockeln, die nicht jederzeit auf einem Tieflader weggekarrt werden konnten, doch auch sie waren nicht in Würde gealtert und wirkten unübersehbar vernachlässigt. In Bowmore gab es kaum Arbeit, in Pine Grove noch weniger, und ein kurzer Gang durch Jeannettes Straße musste jeden deprimieren.

Die Neuigkeit war schneller in Bowmore angekommen als Jeannette selbst, und sie wurde von einigen Leuten empfangen, als sie nach Hause kam. Man brachte sie ins Bett, dann setzten sich die anderen in das enge Wohnzimmer, wo sie im Flüsterton über das Urteil diskutierten und sich in Spekulationen über dessen Konsequenzen ergingen.

Einundvierzig Millionen Dollar? Welche Auswirkungen würde das auf die anderen Prozesse haben? Würde man Krane zwingen, die Sauerei zu beseitigen? Wann konnte Jeannette damit rechnen, einen Teil des Geldes zu bekommen? Sie hüteten sich, allzu sehr auf Letzterem herumzureiten, aber eigentlich dachten alle in erster Linie nur daran.

Weitere Freunde trafen ein und setzten sich auf Gartenstühle auf der wackeligen Holzterrasse, wo sie in der kühlen Abendluft weiterdiskutierten. Getrunken wurde Mineralwasser oder Limo. Diese Menschen, die lange gelitten hatten, kosteten ihren Sieg aus. Endlich hatten sie gewonnen. Was auch immer. Sie hatten sich gegen Krane gewehrt, ein Unternehmen, das sie bis aufs Blut hassten, ihm eine Lektion erteilt. Vielleicht wendete sich das Blatt. Endlich hatte ihnen jemand außerhalb von Bowmore Gehör geschenkt. Sie redeten über Anwälte, eidliche Aussagen, die Umweltschutzbehörde, die neueste Technologie und geologische Gutachten. Obwohl niemand von ihnen gebildet war, kannten sie, was Giftmüll, Grundwasserverseuchung und Krebserkrankungen betraf, die gängigen Fachtermini. Sie lebten in diesem Albtrau