1. KAPITEL
Daniel Sutton musterte den Aktenberg auf seinem Schreibtisch. Da er jetzt der einzige Anwalt in Spring Forest war, schaffte er es kaum, alle Termine unterzubringen – ganz zu schweigen davon, Vorstellungsgespräche mit Kindermädchen zu führen.
Wenn nur seine Frau nicht vor zwei Jahren mit seinem Partner in der Kanzlei durchgebrannt wäre …
Seine Sekretärin klopfte leise an die Tür. Raina Clark war verwitwet, Ende dreißig und ein gutes Vorbild für seine Töchter. Sie blieb sogar dann freundlich, wenn er ihr noch mehr Arbeit aufhalste.
Von der Türschwelle aus informierte sie ihn jetzt: „Ihre Töchter sind da.“
Eine Sekunde später stürzten Paris, Penny und Pippa in sein Büro. Sogar Paris, seine älteste, die gerade in die Pubertät kam und sonst ziemlich launisch war, konnte ihre Aufregung kaum im Zaum halten.
Penny, die mittlere seiner Töchter, die die Schule hasste und Fußball liebte, erklärte mit ausgebreiteten Armen: „Das war’s, Dad! Wir haben es hinter uns. Drei Monate lang keine Schule.“
Ja, jetzt waren Sommerferien, und er musste die Mädchen daran erinnern, sich für einen Ferienkurs zu entscheiden, damit sie tagsüber etwas zu tun hatten.
Seine Jüngste, Pippa, rannte auf ihn zu, dass ihre blonden Zöpfe nur so flogen, und schlang die Arme um ihn. „Kannst du jetzt heimkommen, Daddy? Ja?“
Pippa hatte endlich aufgehört, sich nachts in den Schlaf zu weinen. Von ihrer Mutter im Stich gelassen zu werden hatte seine Töchter tief getroffen. Darum musste er eine einfühlsame Frau als Kindermädchen finden, die bereit war, sich um die Mädchen zu kümmern.
Immerhin war er allmählich ein Experte, wenn es darum ging, mit seinen Kindern zu verhandeln. Jetzt starrten ihn alle drei an und warteten ab, ob er seine Arbeit für sie hintanstellen würde. Er wünschte sich, das wäre so einfach.
Wenigstens hatte er ihre volle Aufmerksamkeit. Das kam selten vor. „Wie wäre es, wenn ihr mir fünf Minuten Zeit gebt, damit ich noch einen Anruf erledigen kann?“ Weil er ihre Enttäuschung bemerkte, fügte er hinzu: „Ihr könnt Raina Gesellschaft leisten oder in den Garten gehen.“
Diese Entscheidung fiel Penny leicht. „Lasst uns rausgehen.“
Penny rannte zur Hintertür hinaus, Pippa auf den Fersen. Paris folgte ihnen widerwillig.
Fünfzehn Minuten später beendete Daniel gerade sein Telefonat, als Penny ins Zimmer stürzte. „Dad, du musst mitkommen. Jetzt sofort.“
Er sprang auf. „Ist jemand verletzt?“
„Nein, aber komm mit.“ Sie zerrte ihn nach draußen und um die Veranda herum. Seine Töchter knieten neben der Terrasse und versuchten, durch zerbrochene Latten unter den Bretterboden zu kommen.
„Was macht ihr denn da?“, fragte er. Wenn sich da ein Waschbär oder Schlimmeres versteckt hatte …
„Es ist eine Katze“, sagte Paris, so aufgeregt, wie er sie schon lange nicht mehr erlebt hatte.
„Eine Glückskatze. Das bedeutet, ihr Fell hat drei Farben. Sie muss sich erschreckt haben, weil sie sich da unten verkrochen hat“, fügte Penny hinzu.
„Natürlich hat sie Angst“, sagte er. „Sie kennt euch drei doch nicht.“
Penny schaute zu ihm auf. „Meinst du echt, Dad? Wir machen ihr Angst?“
Paris beugte sich vor und flüsterte: „Ich glaube, sie ist trächtig.“
„Das kannst du erkennen?“, fragte er genauso leise.
Pippa machte eine Kreisbewegung mit beiden Armen. „Sie ist so fett. Sie muss trächtig sein.“
Daniel hatte keine Ahnung von Katzen. Er nahm an, die Katze könnte auch eine Krankheit haben, wegen deren sie so aufgedunsen war. Aber wenn sietatsächlich trächtig war …
Was in aller Welt sollte er mit der Katze anstellen, wenn sie aus dem Versteck kam? Er sah seine drei Töchter an, die ihn anstarr