1. KAPITEL
Ivy Kennedy war gerade beim Friseur, als sie endlich die Lösung für ihr Problem fand. Das Problem mit ihrer Jungfräulichkeit …
Die Antwort stand in dem ersten Klatschmagazin, das sie durchblätterte: Louis Charpentier – König der One-Night-Stands und bester Freund ihres älteren Bruders.Problem gelöst.
Sarina, die Friseurin, warf einen Blick über Ivys Schulter auf den Artikel und pfiff durch die Zähne. „Du meine Güte, bei Louis Charpentier bleibt einem ja das Herz stehen. Dieser Mann sollte mit einem Warnhinweis versehen werden. Er ist so umwerfend, dass mir schon heiß wird, wenn ich nur sein Foto anschaue. Ich habe gehört, dass er wieder den Titel ‚Heißester Junggeselle des Jahres‘ gewonnen hat. Wie oft hat er den schon bekommen? Dreimal?“
„Viermal.“
Ivy blätterte die Seite um, benutzte ihren linken Daumen aber heimlich als Lesezeichen. Sie wollte noch einmal einen Blick auf Louis werfen, ohne dass die Friseurin ihn über ihre Schulter hinweg anschmachtete.
Sie versuchte, gleichgültig mit den Schultern zu zucken, und meinte: „Er ist okay, glaube ich.“
Jahrelang war Louis nichts anderes als der Freund ihres Bruders Ronan gewesen. Zwar attraktiv, aber in Versuchung geführt hatte er sie bis jetzt nicht. Doch da sie kurz vor ihrem dreißigsten Geburtstag stand und sich an ihrem Status als Jungfrau noch nichts geändert hatte, musste sie etwas tun – und zwar bald.
Wie sollte sie je im Leben einen Partner finden, wenn sie nichts gegen ihre Schüchternheit unternahm? Seit sie erwachsen war, hatte sie immer wieder Entschuldigungen gefunden, um sich nicht verabreden zu müssen, aus Angst, nackt mit einem Mann zusammen zu sein, der sie nicht gut genug finden würde. Aus Angst, verletzt zu werden. Sich in jemanden zu verlieben, nur um dann sitzengelassen zu werden.
Aber sie würde bald dreißig werden und musste diese Hürde in ihrem Leben überwinden.Puh! Wer hatte heutzutage schon einmal von einer dreißigjährigen Jungfrau gehört?
Und wer könnte ihr kleines Problem besser beheben als Louis, der supererfahren in Sachen Verführung war. Wie sollte sie ihre Hemmungen in Bezug auf Sex anders lösen? Es würde oberpeinlich sein, ihn zu fragen, aber jemand anderen darum zu bitten, diesen Gedanken konnte sie nicht ertragen.
Sie wollte jemanden um Hilfe bitten, den sie kannte und dem sie vertraute, keinen zufälligen Liebhaber, der vielleicht über sie lachen oder sie verspotten würde, weil sie in ihrem Alter noch Jungfrau war. Oder der grobe Kommentare abgeben würde, wie eines ihrer früheren Dates. Louis war kein Fremder, er war ein Freund … Nun ja, Freund in Anführungszeichen wäre wohl richtiger.
Jetzt, da ihr Bruder nach Australien ausgewandert war, um mit seinem Partner Ricky zusammen zu sein, sah sie Louis nur ab und zu auf einen Kaffee oder zum Mittagessen. Und beim letzten Mal hatte sie absagen müssen, weil eine große Schiffsladung Antiquitäten aus Frankreich in dem Laden eingetroffen war, in dem sie als Kuratorin arbeitete.
Ivy wusste, dass sie vielleicht den Mut verlieren und gar nichts tun würde, wenn sie ihren Entschluss nicht gleich heute Nachmittag in die Tat umsetzen würde. Sie hatte noch einen Monat, bevor sie dreißig wurde. Die Geburtstagsuhr tickte wie eine Bombe.
Tief atmete sie durch, schlug die Zeitschrift noch einmal auf und betrachtete Louis’ charakteristische Züge. Er war groß, und mit seinen dunklen Haaren und dem geheimnisvollen Blick aus blaugrauen Augen war er der Inbegriff überwältigender Attraktivität. Sie zeichnete mit dem Finger seinen Mund auf dem Foto nach und stellte sich vor, wie es sich anfühlen würde, wenn er sie küsste. Ihr Blick wanderte weiter zu seinen muskulösen Beinen, und sie verspürte ein leicht nervöses Flattern im Magen.
Entschlossen schlug sie die Zeitschrift zu. Ja, er war der Richtige. Nicht für ein gemeinsames Glück bis ans Ende ihrer Tage, aber er war die perfekte Lösung für ihr peinliches Problem.
Jetzt musste sie ihn nur noch überzeugen.
Louis Charpentier war gerade dabei, die letzten Entwürfe für ein großes Architekturprojekt in seinem Londoner Büro fertigzustellen, als seine Sekretärin ihn über die Gegensprechanlage anrief.
„Louis … da ist …“, begann sie.
„Ich habe gesagt, dass ich heute Nachmittag nicht gestört werden will, Maureen“, meinte er bewusst streng. Warum konnte seine derzeitige Sekretärin eine einfache Anweisung nicht befolgen, Herrgott noch mal? Er war mit seinem Abgabetermin unter Zeitdruck, und sein Kunde war schwierig und fordernd. Das ging ihm immer so. Was hatte er nur a