: Adrian Doyle
: Vampira - Folge 14 Die Apokalypse
: Verlagsgruppe Lübbe GmbH& Co. KG
: 9783838714325
: Vampira
: 1
: CHF 1.60
:
: Horror
: German
: 64
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB

Alle Religionen der Welt glauben an eine Schöpfung, an den Akt eines oder mehrerer Wesen, die die Erde einst gestaltet haben. In Australien waren dies die Wondjinas, die vor Jahrzehntausenden auf Traumzeit-Pfaden wandelten und allen Dingen ihre Namen gaben. Nach dem Glauben der Aborigines, der Ureinwohner, leben die Wondjinas auch heute noch - zurückgezogen in ihren Schöpfungen.

Was aber passiert, wenn ein Schöpferwesen verrückt wird? Wenn es sein Werk plötzlich nicht mehr gutheißt - und es neu erschaffen will? Eine wahrlich biblische Frage... denn es naht der Tag des jüngsten Gerichts!

Die Apokalypse (S. 7-8)

Tasmanische Insel, Mount Reid Der Wald starb. Die Nadeln der Huon-Kiefern wurden dunkel und regneten wie Teertropfen herab. Wo sie auftrafen, fauchte und zischte es, als würde aggressive Säure das Unterholz zerfressen. Der weiche Boden erzitterte. Ein Beben, stärker und vernichtender als alle vorherigen, kündigte sich an.

Die Kiefernstämme– in Wahrheit Triebe eines einzigen Baumes– knirschten, als würden ihre Jahresringe von monströser Gewalt gegeneinander gerieben und verdreht. Sie stemmten sich wie lebendige Wesen gegen das Verhängnis, dasüber sie gekommen war. Eine Krankheit, gegen die es kein Mittel gab. Das Böse…


Die Erde bäumte sich auf wie eine Bestie im Todeskampf. Tyler Gravis wurde von den Beinen gerissen und schlug mit dem Kopf gegen einen der Ausleger des Jahrtausende alten Baumes, der sich inmitten regenwaldartiger Flora an den Hängen des Mount Reid ausdehnte und ein Hektar Land vereinnahmte. Als der Botaniker wieder zu sich kam und sich benommen aufrichtete, war seine Freundin und Kollegin verschwunden.»Tira…?!« Panik färbte seine Stimme. Gehetzt sah er sich um– und konnte doch kaum etwas zwischen den durch die Luft peitschendenÄsten und Nadeln erkennen.

Er erhielt auch keine Antwort. Die Sonne am wolkenlosen Himmel hatte sich verdüstert. Die Schatten des Bösen sickerten aus der Erde und aus den hart und dunkel gewordenenÄsten und Zweigen. Sie griffen nach Gravis, der sich nur noch wie ein in die Enge getriebenes Tier fühlte und bewegte.»Tira…!« Solange er mit Tira zusammen gewesen war, war der Wahnsinn erträglich gewesen. Gravis hatte das, was in ihm nagte, bezähmen können. Allein zerbrach er daran. Allein in der Wildnis eines ihm fremd gewordenen Planeten, einem Dschungel jenseits des gesunden Menschenverstands…

Eines Alptraums! Wieder blähte sich der Boden unter seinen Füßen auf. Wurzelwerk platzte ihm entgegen. Gespenstische Hände, tiefschwarz wie die Nadeln der gewaltigen Kiefer, die der unnatürliche Wind als Hagel auf Gravis niederprasseln ließ, versuchten nach ihm zu greifen. Er fiel und rollte gedankenschnell zur Seite. Vom Grund des entstandenen Kraters starrte etwas zu ihm herauf, für das er keine Worte fand. Gravis wich weiter zurück und schrie sich die Lungen nach Tira wund. Schließlich stolperte er allein weiter zum Rand des tödlichen Waldes, in dessen dickstem Stamm vor Minuten ein schauriges Phantom verschwunden war– eine Puppe aus schwarzem Glas. Das Unheimliche hatte sich regelrecht in den Körper des Baumes gewühlt. Unmittelbar danach hatte die Veränderung begonnen, war die Huon-Kiefer versprödet und hatte die Farbe geschmolzener, wiedererstarrter Lava angenommen…