Unsere Geschichte beginnt glücklicherweise erst nach der mühsamen Abwicklung aller Formalitäten, die mit der Landung auf demDelhi Airport auf uns gewartet hatten; genauer gesagt dann, als wir erstmals ins Freie traten, um von der schwülen, indischen Nacht verschluckt zu werden.
Es war nach Ortszeit inzwischen Mitternacht. Aus einem plötzlichen Impuls der Vernunft heraus verwarfen wir die tollkühne Idee, unsere erste, rund fünf Kilometer entfernte Unterkunft zu Fuß aufzusuchen. Man musste ja nicht ausgerechnet in der ersten Nacht aufgrund irgendwelcher unvorhersehbarer Gefahren – und da waren der Fantasie zu später Stunde zunehmend weniger Grenzen gesetzt – den Löffel abgeben.
Allerdings war es nicht leicht, unter den unzähligen Taxifahrern, die sich binnen Sekunden um uns drängten, einen einigermaßen rechtschaffenen auszuwählen. Zwar waren rings um den Flughafen her durchaus auch staatlich autorisierte Taxiunternehmen vertreten, denen man angeblich vertrauen durfte; das Problem war nur, dass auch alle übrigen Fahrer so taten, als wären sie staatlich. Wie auch immer, jedenfalls entschieden wir uns schließlich, müde und ein bisschen naiv, für eine Fahrt mit dem vor Enthusiasmus sprühenden Kunar, dessen Preisvorschlag wir zunächst nicht weiter infrage stellten. Als wir uns anschickten, ihm zu seinem Fahrzeug zu folgen, eilten zwei weitere Männer herbei, nahmen uns unsere Rucksäcke ab und luden sie in den Kofferraum. In der Annahme, es sei üblich, den Fahrernach der Fahrt zu entlohnen, wollten wir einsteigen, doch die Männer forderten uns auf, schon jetzt zu bezahlen. Verwundert gaben wir ihnen das Geld und gesellten uns dann zu unserem Fahrer ins Taxi.
Die erste Autofahrt auf indischem Boden werden wir wohl nie vergessen. Die Straßen Neu Delhis sind mit Schlaglöchern übersät, sodass wir unterwegs ordentlich durchgeschüttelt wurden. Es erforderte Mut, aus dem Fenster zu sehen, denn ständig drohten wir mit anderen nächtlichen Verkehrsteilnehmern – Rikschas, Motorrädern, Transportern – die alle kreuz und quer zu fahren schienen, zusammen zu rasseln.
Ich überlegte, ob wir zu Fuß nicht doch besser dran gewesen wären. Und dann der Lärm! Wie wir feststellten, ist Blinken hierzulande nicht üblich. Vielmehr wird gehupt, und zwar, um anzuzeigen, wo man ist, dass man zu überholen gedenkt, dass man abbiegen möchte und so weiter. Alle tun es, der Krach ist unvorstellbar. Aber es funktioniert: Man könnte das Gehupe, wenn man denn wollte, als einzigartige Spielart eines Echolotsystems sehen, das Zusammenstöße im Straßenverkehr verhindern soll.
Hier und da konnten wir Kühe am Wegesrand sehen, die sich zu
einem Schläfchen hingelegt hatten. Auch erblickten wir einige
streunende Hunde, die geschäftig durch die Dunkelheit
streiften.
Das Viertel, in das Kunar uns brachte, war herzlich wenig einladend.
Bruchbude reihte sich an Bruchbude, der Boden war matschig, überall lag Müll herum. Und so waren wir ziemlich ernüchtert, als unser Fahrer plötzlich in einer schäbigen Gasse anhielt und davon redete, dass unser Hotel gleich da vorne sei. Es wurde also nicht mehr besser.
Er räume zwar ein, ein günstiges Hotel für die erste Nacht gebucht zu haben, brummte Bjarne, aber damit habe er lange nicht gerechnet.
Es sei ja nur eine Nacht, sagte ich und versuchte positiv zu klingen, immer noch besser, als auf offener Straße zu