: Eric Berg
: Die Mörderinsel Kriminalroman
: Limes
: 9783641169213
: Doro Kagel
: 1
: CHF 8.10
:
: Krimis, Thriller, Spionage
: German
: 480
: DRM
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Ein ermordetes Mädchen, ein freigesprochener Täter, ein Dorf in Aufruhr ... Der neue Küstenkrimi mit Doro Kagel
Frühsommer: Der Hotelbesitzer Holger Simonsmeyer, angeklagt des Mordes an einer jungen Frau aus seinem Heimatdorf Trenthin, wird freigesprochen. Er und seine Familie hoffen, damit sei nun endlich alles überstanden. Doch im Dorf herrscht Misstrauen, nur wenige glauben an die Unschuld des Hoteliers. Dann wird erneut ein junges Mädchen ermordet aufgefunden ...
Spätsommer: Schockiert steht die Journalistin Doro Kagel vor den Ruinen eines ausgebrannten Hauses in Trenthin. Vor Monaten hatte Bettina Simonsmeyer sie inständig gebeten, ebenso ausführlich über den Freispruch ihres Mannes zu berichten wie zuvor über den Mordprozess. Doro hatte abgelehnt. Nun hat die Familie einen schrecklichen Blutzoll bezahlt. Von Schuldgefühlen geplagt beginnt Doro, den Fall neu aufzurollen ...

Doro Kagel ermittelt in:
Das Nebelhaus
Die Mörderinsel

Beide Bände sind eigenständige Fälle und können unabhängig voneinander gelesen werden.

Eric Berg zählt seit vielen Jahren zu den erfolgreichsten deutschen Autoren. 2013 verwirklichte er einen lang gehegten schriftstellerischen Traum und veröffentlichte seinen ersten Kriminalroman »Das Nebelhaus«, der 2017 mit Felicitas Woll in der Hauptrolle der Journalistin Doro Kagel verfilmt wurde. Seither begeistert Eric Berg mit jedem seiner Romane Leser und Kritiker aufs Neue und erobert regelmäßig die Bestsellerlisten.

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Noch 34 Tage bis zum zweiten Mord


»Im Namen des Volkes ergeht folgendes Urteil: Der Angeklagte wird freigesprochen. Die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen des Angeklagten hat die Staatskasse zu tragen. Bitte setzen Sie sich.«

Wie ein Fallbeil sausten die Worte durch die Luft, grell und scharf, und beendeten, nein, töteten mit einem einzigen Schnitt. Sie töteten das Ungeheuer – so hatte Bettina den Prozess gegen Holger getauft. Das Ungeheuer hatte ihr fast ein Jahr lang den Mann genommen, den Schlaf geraubt, es hatte ihre wirtschaftliche Existenz, ihren guten Namen, die Zukunft ihrer Familie bedroht. Daher mischte sich in den Sekunden nach dem Urteilsspruch in die Erleichterung, die Dankbarkeit und die Freude, die wohl jeder an Bettinas Stelle empfunden hätte, auch eine finstere Genugtuung über das elende Ende des Ungeheuers.

Vorbei, dachte sie, es ist vorbei! Sofort sprudelte der Gedanke in die Welt, wurde hör- und sichtbar, als sie die Arme in die Höhe reckte, zur Bank des Angeklagten lief und gleich danach ihren Mann an sich drückte.

»Holger, es ist vorbei! Wir haben es geschafft.«

»Ja, wir haben es geschafft«, wiederholte er lächelnd.

Gefühlsausbrüche waren nicht seine Art, daran war sie nach fünfzehn Jahren Ehe gewöhnt, und es machte ihr nichts aus. Aber dieses eine Mal fand sie es schade, dass Holger immer gefasst, immer ausgeglichen war.

»Ich bin so froh, so unfassbar glücklich. Holger, Holger, Holger«, wiederholte sie seinen Namen wie eine Beschwörungsformel. Dann fiel ihr Finn ein, ihr Sohn, den sie zu sich rief und an dem sie sich festhielt, während er seinem Vater die Hand gab.

»Glückwunsch, Papa. Aber eigentlich Formsache, oder? Die Freaksmussten dich freisprechen. Alles andere wäre ein Skandal gewesen.«

Bettina wischte sich die Tränen aus den Augen, und dabei fiel ihr Blick auf die erfahrene Staatsanwältin, eine Frau Ende fünfzig, Anfang sechzig im schicken dunkelblauen Kostüm. Während des Prozesses hatte Bettina ihr kaum Beachtung geschenkt, war ihren Ausführungen ferngeblieben. Sie hatte all die Lügen über Holger, die mühsam konstruierten Fantastereien des Polizei- und Justizapparats nicht hören wollen.

Die Staatsanwältin war monatelang das Gesicht des Monsters gewesen, und Bettina hätte allen Grund gehabt, den Triumph ihr gegenüber am deutlichsten zu zeigen. Doch seltsamerweise geschah genau dies nicht. Alles, was Bettina im Gesicht dieser Frau las, war Entsetzen, ehrliches, ungläubiges Entsetzen, mit dem sie zur Richterbank blickte. In diesem Moment wurde Bettina klar, dass es mindestens einen Menschen auf dieser Welt gab, der allen Ernstes fest daran glaubte, dass ihr geliebter Holger ein grausamer Mörder war. Bisher war sie davon ausgegangen, dass die Polizei, und später die Staatsanwaltschaft, mehr aus Verlegenheit gegen Holger vorgingen, weil sie keinen Besseren gefunden hatten und deshalb ein paar lose Indizienfäden zu einem irrsinnigen Gespinst zusammenwoben. Ihrer Meinung nach glaubten die Vertreter des Staates gar nicht an den eigenen Unfug und hätten den Freispruch daher mit einem bedauernden Achselzucken abtun müssen. Doch die Staatsanwältin war kein junges, hungriges Ding mehr, das sich einen Namen machen wollte. Sie stand kurz vor der Pensionierung, hatte schon Hunderte Fälle gewonnen, Dutzende verloren, und doch wirkte sie aus allen Wolken gefallen. Ihr Blick schien den vorsitzenden Richter zu fragen:Was soll das? Wie können Sie nur? Und er schien ihr auf demselben Weg zu antworten:Sehen Sie nicht mic