: Katja Segin
: Das Sternbild des Alchemisten
: Sternensand Verlag
: 9783038963103
: 1
: CHF 5.60
:
: Fantasy
: German
: 468
: Wasserzeichen
: PC/MAC/eReader/Tablet
: ePUB
Diebin Leia soll in eine unheimliche Villa eindringen und ganz bestimmte Unterlagen wiederbeschaffen. Zunächst ein Auftrag wie jeder andere. Doch dann findet sie in einem versteckten Raum ein mysteriöses Gemälde aus dem achtzehnten Jahrhundert. Und darauf ist der Hausherr selbst abgebildet, wie sie verstört feststellt, als dieser sie um ein Haar schnappt. Wie ist es möglich, dass er um kein Jahr gealtert ist? Beim Sichten der Beute entdeckt Leia ein uraltes Tagebuch, das Licht ins Dunkel bringen könnte. Es stammt vom Grafen de Saint Germain, ein bekannter Alchemist, der das Geheimnis der ewigen Jugend ergründet haben soll. Leias Neugierde ist geweckt, denn dieses Geheimnis könnte ihr dabei helfen, die Krankheit aufzuhalten, die ihren Körper in naher Zukunft zu zerstören droht. Kurzerhand behält sie das Tagebuch und wird dadurch zur Gejagten. Denn die Sache, in die sie da hineingeraten ist, ist viel bedeutsamer, als sie es sich jemals hätte vorstellen können - und wird nicht nur ihr Können auf die Probe stellen, sondern auch alles, woran sie je geglaubt hat.

Katja Segin, Jahrgang 1980, liebt Geheimnisse aller Art. Besonders gern verfasst sie deswegen geheimnisvoll-dramatische Fantasy- und Familiengeschichten mit einem historischen Hintergrund. Dafür durchforstet sie regelmäßig Geschichtsbücher und alte Fotoalben und sucht nach Inspiration. Privat lebt sie ganz ohne Drama mit ihrem Mann und zwei Schildkröten in der Altstadt von Paderborn.

Kapitel 1


Leia

 

Deutschland, 2021 – Gegenwart

 

»Du bist ein Arsch, Mick.« Gähnend ließ sich Leia am Küchentisch nieder und strich die dunkelblonden Locken zurück, die schon wieder nachdrücklich damit drohten, ihr in die Augen zu fallen.

Der Tisch wackelte, als sie dagegen stieß, und der Stuhl knarrte unter ihrem Gewicht. In dieser Wohnung war wirklich alles schrottreif, und sie selbst ganz vorn mit dabei. Wie so oft checkte sie ihren Körper auf Symptome, doch sie fühlte nichts, was sich nicht durch die vergangene Nacht erklären ließ.

»Ich bin was?«, erklang es aus dem Bad.

Das konnte sie gut orten, denn seine Stimme hallte von den hässlichen hellblauen Wandfliesen wider, die so gar nicht zu dem Boden mit Schachbrettmuster passten.

Dann erklangen seine Schritte im Flur.

»Du hast es garantiert richtig verstanden«, sagte sie und verkniff sich ein Grinsen. Sie hatte schließlich laut genug gesprochen, und das Bad war nicht weit entfernt in ihrer winzigen Zweizimmerwohnung. »Was sollte der Lärm so früh?«, fügte sie etwas versöhnlicher hinzu und sah ihrem Mitbewohner entgegen, der in diesem Moment die kleine Küche betrat.

Er sah viel weniger verschlafen aus, als sie sich fühlte. Aber er wirkte ohnehin stets jünger und frischer. Glatte Haut, glänzendes, schulterlanges Haar und minimaler Bartwuchs sorgten dafür, dass er optisch nicht zu altern schien, seit sie vor sieben Jahren die Schule gemeinsam hinter sich gebracht hatten. Wer ihn nicht kannte, würde ihn immer noch auf achtzehn schätzen.

Sie dagegen fühlte sich wie einundachtzig. Es war einfach ungerecht.

»Früh?« Mick warf sich auf den zweiten Stuhl und legte ein paar Blatt Papier vor sich. »Wir haben Mittag. Warum kommst du nicht mal direkt nach der Arbeit nach Hause und schläfst, anstatt dich noch stundenlang irgendwo herumzutreiben? Das Sappho war schon um zwei dicht.« Er grinste sie herausfordernd an und sah dadurch noch mehr wie der Junge aus, mit dem sie schon früher als Kind Räuberbande gespielt hatte.

Das war stets ein Zeichen dafür, dass er etwas ausheckte.

»Und?« Herausfordern konnte sie genauso gut wie er.

Er streckte sich genüsslich. »Und du warst erst kurz vor fünf hier.«

»Spionierst du mir nach?« Sollte sie davon genervt sein oder eher gerührt, dass er sich so um sie sorgte?

Sie entschied sich für genervt, denn mit dieser Empfindung war sie schon seit jeher besser klargekommen. Rührung bewegte sich viel zu nah an Trauer.

Er schüttelte den Kopf. »Quatsch. Ich wollte mit Hanne noch was bei dir trinken. Deshalb weiß ich das.«

Jetzt war sie wirklich genervt. Dass er sich mit der braven Hanne herumtrieb, gefiel ihr nicht. Die passte einfach nicht in ihr gemeinsames Leben, dafür war sie zu neugierig, zu aufdringlich und redete zu viel. Doch bei Mick hatten Frauenbekanntschaften ohnehin keine lange Halbwertszeit. Sie würde es einfach aussitzen.

Also sollte sie lieber diplomatisch antworten. »Du warst um fünf ja auch noch wach, sonst hättest du mich wohl kaum gehört. Ich war still wie ein E-Roller.« Sie scannte die Umgebung nach Kaffee ab, die Maschine war aber aus, die Kanne leer.

»Eher wie ein Kettenbagger Außerdem war das kein Lärm vorhin. Es war der Drucker. Im Gegensatz zu dir hab ich nämlich schon gearbeitet.«